Was Sie heute wissen müssen Barßeler Bootsfahrer muss zahlen | Drei neue Fährmänner | Mehr Geld für Leiharbeiter

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 19.04.2023 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Der grauenhafte Unfall erschütterte vor knapp sieben Jahren die Menschen im Saterland und in Ostfriesland. Zwei Tote und mehrere Schwerverletzte hatte der nächtliche Zusammenstoß zweier Boote auf dem Barßeler Tief gefordert. Nachweislich war Alkohol im Spiel, ob der überlebende Bootsfahrer zu schnell fuhr, darüber waren sich die Sachverständigen nicht einig. Gestern endete die juristische Auseinandersetzung mit der Einstellung des Verfahrens gegen eine hohe Geldauflage. Ein Freispruch ist das nicht, aber der 32-jährige Angeklagte mag jetzt wieder ruhig schlafen können.

Der eigentliche Skandal ist die Verfahrensdauer. Es dauerte Jahre, bis die Zuständigkeit geklärt war und am Schifffahrtsgericht in Emden verhandelt wurde. Dessen Schuldspruch hob das Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg nun auf, das einen zweiten Gutachter bestellt hatte, dessen Erkenntnisse dem ersten Gutachter widersprachen. Gerechtigkeit ist ein schwieriges Geschäft und mitunter liegt in der Gerechtigkeit viel Ungerechtigkeit. Carsten Ammermann berichtet.

Ostfriesland ist geprägt von schnurgeraden Straßen. Das erlaubt entspanntes Autofahren, kann aber auch zu gefährlichem Verhalten herausfordern. Das gilt im Landkreis Leer für die Bundesstraße 72 zwischen Leer und Aurich oder die B346 zwischen Leer und Weener, für die B438 zwischen Ihrhove und Ostrhauderfehn und die B70 von Neermoor nach Papenburg. Dort passieren immer mal wieder schlimme Verkehrsunfälle, weil leichtsinnige Autofahrer den Gegenverkehr unterschätzen und fahrlässig überholen. Vera Vogt, die gerade selber einen Fast-Unfall erlebt hat, fragte Experten, was im Fall des Falls zu tun ist und erfuhr dabei auch, wie unsinnig Kolonnenspringen ist. Die Zeitersparnis liegt auf 20 Kilometer bei lediglich 1,5 Minuten. Ob das die Lebensgefahr wirklich lohnt?

Bleiben wir beim Verkehr, bei einem ganz langsamen. 1562 wurde die Pünte zwischen Amdorf und Wiltshausen erstmals urkundlich erwähnt. Damals wie heute zogen die Fährleute an einem Seil die Fähre über den kleinen Fluss Jümme. Traditionell beginnt die Saison wieder am 1. Mai. Nachwuchssorgen gibt es keine: Obwohl zwei Fährleute ausgeschieden sind, wurden drei starke Männer gefunden, die in deren Fußstapfen treten. Hans-Dieter „Hansi“ Koopmann, Volker Ploeger und der Ukrainer Vitalii Dunets trainieren gerade für ihren neuen Job. Und wie es der Profession entspricht, sind die Herren nicht gerade redefreudig. Michael Kierstein hat ihnen trotzdem einiges entlockt.

Gestern erst schrieb ich an dieser Stelle über die monatelangen Versuche von Andreas Ellinger, herauszufinden, ob das Klinikum Leer seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gut bezahlt wie tarifgebundene Krankenhäuser. Ja, tut es. Trotzdem ist die Gewerkschaft Verdi nicht zufrieden. Gefordert wird „eine bedarfsgerechte Personalausstattung“, zu deutsch: mehr Personal. Dass die Forderung nicht von der Hand zu weisen ist, kann Andreas bestätigen, anhand des Ivena-Portals, das landesweit und in Echtzeit ausweist, welche Klinik gerade welche Notfälle aufnehmen kann. Und da ist Leer doch ziemlich oft „nicht aufnahmefähig“ - trotz deutlicher Personalzuwächse 2021, die der jetzt veröffentlichte Jahresbericht ausweist.

Nicht um mehr Personal, aber um mehr Geld ging es beim Arbeitskampf, den die IG Metall und der Volkswagen-Personaldienstleister Autovision gestern beendet haben. Ein Warnstreik hat den Arbeitgebern offenbar Beine gemacht. Von einer solchen Tarifsteigerung können die meisten anderen Arbeitnehmer in unserem Land nur träumen: In der Spitze steigen die Löhne der Leiharbeiter um bis zu 24,5 Prozent plus Inflationsausgleich. Die Details liefert Oliver Bär.

Verdi ist also gerade auf der Erfolgsspur - der Inflation sei Dank. Ob das der Grund ist, dass die seit Jahren tot gesagten Gewerkschaften wieder Zulauf bekommen? Zuletzt hatten die Gewerkschaften ein demografisches Problem. Arbeitnehmer über 50 Jahren waren doppelt so oft Mitglieder wie junge Leute unter 25. Das aber ändert sich gerade, wie Tobias Rümmele erfragt hat. Warum ist das so? Mechatronik-Azubi Jonas Plaisir (19) weiß die Antwort: „Der Tarifvertrag kommt ja nicht von alleine. Wir müssen zusammenhalten, sonst fehlt der Gegendruck.“

Schon mal was von Elefantengras gehört? Drei bis vier Meter hoch wird die aus Südostasien stammende Pflanze, die ein paar ganz besondere Qualitäten hat. Sie braucht wenig Pflege, kaum Dünger und verbessert den Boden. Abgeerntet dient sie als Einstreu und sogar als Energiepflanze. Das CO2-Einsparpotenzial liegt bei bis zu 30 Tonnen pro Hektar und Jahr - ein nicht unterschätzender Beitrag zum Klimaschutz. Elf ostfriesische Betriebe bauen Miscanthus, wie der lateinische Name lautet, auf über 40 Hektar an, wie Susanne Ullrich recherchiert hat.

Jetzt im Frühjahr sprießen nicht nur die Tulpen und andere Frühblüher, sondern auch betrügerische Handwerker. Völlig unverhofft tauchen sie an der Haustür auf und versprechen, dass sie das marode Dach (bisher war es das nicht, aber nun gut) für einen Spottpreis neu decken. So wie das hier klingt, würden Sie natürlich nie auf so ein Haustürangebot eingehen. Andere tun das aber, und Dachdecker-Meister Uwe Gasch ist darüber ziemlich sauer. Im Gespräch mit Vera Vogt erklärt er, wie man solchen Betrügern begegnen kann. Und auch die Polizei liefert dazu ein paar nützliche Tipps. Der einfachste: Schließen Sie die Tür!

Was heute wichtig wird:

  • In Detern im Landkreis Leer entsteht ein neues Baugebiet. Das weckt Hoffnungen und hat in der Samtgemeinde Jümme Seltenheitswert. Tobias Rümmele erklärt die Hintergründe.
  • Schon länger gibt es Ärger im Tierschutzverein Rheiderland. Was aber passiert mit dem Tierheim, wenn er sich auflöst? Tierschutz ist eine kommunale Aufgabe. Vera Vogt fragt nach.
  • Hansjörg Heeren ist gegen vieles. Auch wenn es um den Wolf geht, hat er eine klare Haltung: Das Tier gehört nicht nach Ostfriesland. Für den 10. Juni plant er eine große Demo in Aurich. Nicole Böning berichtet.
  • Die Schultoiletten an den Auricher Grundschulen sind in einem kaum benutzbaren Zustand. Gabriele Boschbach hat sich vor Ort umgesehen und will wissen, wann sich an den Zuständen etwas verbessert.
  • Imke Oltmanns will wissen: Wie geht es weiter mit den Ferienwohnungen am Touristen-Hotspot Carolinensiel? Kommen noch mehr Unterkünfte? Oder müssen es weniger werden?
  • Vor vier Jahren kandidierten in Emden unter anderem eine Bordell-Betreiberin, eine Kassiererin, ein Klempner und ein Imbissbesitzer für den OB in Emden. Was wurde aus ihnen? Mona Hanssen berichtet.
  • Was wird aus dem Chinesentempel und dem Kiosk am Wall in Emden, nachdem der Künstler Jörn P. Haut beide Gebäude verlassen hat? Heiko Müller erläutert die Hintergründe.
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