Boom bei Reisemobilen Was Urlaub mit dem Wohnmobil so besonders macht

| | 19.04.2023 19:03 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Die drei Urlauber: Johann und Erika Harms mit ihrem Zuhause auf Rädern. Foto: Ortgies
Die drei Urlauber: Johann und Erika Harms mit ihrem Zuhause auf Rädern. Foto: Ortgies
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Seit 2009 steigt die Zahl der Wohnmobilisten in Deutschland und erreichte 2022 einen Rekordwert. Zwei Auricher erzählen von der mobilen Art des Reisens.

Aurich - Über das Leben mit und in einem Wohnmobil zu sprechen, geht am besten am Ort des Geschehens. Kaum ist der Wunsch ausgesprochen, sind Erika und Johann Harms aus Aurich schon im weißen Eura-Mobil auf ihrer Auffahrt verschwunden. Die große Wohnmobil-Liebe von Erika Harms steht zwischen Bienenkästen und Frühlingsblumen. Drumherum ist es so gemütlich, dass es sich bereits nach Urlaub anfühlt. Trotzdem zieht es das Ehepaar regelmäßig mit ihrem Zuhause auf Rädern in die Ferne.

Was und warum

Darum geht es: Das macht den Urlaub im Wohnmobil so besonders – zwei Auricher erzählen.

Vor allem interessant für: Mobilisten und alle, die es vielleicht einmal werden wollen

Deshalb berichten wir: Wir wollten wissen, was einen richtigen Wohnmobilurlaub ausmacht.

Die Autorin erreichen Sie unter: n.boening@zgo.de

Johann und Erika Harms gehören zur wachsenden Anzahl von Wohnmobil-Einheiten. Das ist Fachsprache und umfasst das Mobil mit Mann und Maus. Im Jahr 2022 waren in Deutschland laut Statistik-Portal Statista exakt 767.352 Mobile gemeldet. Ein neuer Rekord. Seit dem Jahr 2009 stehen die Zeichen auf Wachstum. Eine Entwicklung, die durch die Corona-Pandemie noch befeuert wurde. Noch ist kein Ende in Sicht – abgesehen davon, dass die Hersteller beim Bauen nicht hinterherkommen. Die beiden Auricher wollen von ihrer Faszination für diese mobile Art des Urlaubs erzählen.

Nicht nur Mobilisten, sondern Fans

„Im Durchschnitt sind wir im Jahr bis zu zehn Mal unterwegs“, schätzt Johann Harms. „Es muss sich ja lohnen“, ergänzt seine Frau. Beide sitzen an ihren Stammplätzen. Johann Harms im umgedrehten Fahrersitz unter der von seiner Frau genähten rot-weiß-karierten Ziergardine. Erika Harms auf der Sitzbank nahe der kleinen Küchenzeile. Die Wände zieren Bilder der Enkel, es herrscht Wohnzimmer-Atmosphäre. Beide sitzen dort, als wären diese Plätze eigens für sie gemacht.

Der Fahrersitz wird für Johann Harms zum Wohlfühl-Sessel. Mit knapp 100 Kilometer pro Stunde geht es in den Urlaub: „Uns hetzt ja keiner“. Foto: Böning
Der Fahrersitz wird für Johann Harms zum Wohlfühl-Sessel. Mit knapp 100 Kilometer pro Stunde geht es in den Urlaub: „Uns hetzt ja keiner“. Foto: Böning

Seit etwa sechs Jahren fahren die beiden dieses Modell. Es ist das dritte Wohnmobil in etwa 20 Jahren – jedenfalls in Deutschland. Ein weiteres stand bei Verwandten in Amerika und hat sie 13 Jahre lange durch beinahe sämtliche amerikanische Bundesstaaten kutschiert. Eigentlich ist Johann Harms immer der, der nach neuen Modellen sucht. Aber dieses hat seine Frau auf der wichtigsten Messe für Camping, dem „Caravan Salon“ in Düsseldorf, entdeckt. Dort waren sie für den Eura-Mobil-Club im Einsatz. Beide sind echte Fans der Marke aus dem rheinland-pfälzischen Sprendlingen. Auch das gehört für sie dazu, ein Wohnmobilist zu sein – die richtige Marke. Ihr erstes Mobil haben sie noch direkt in der Fabrik abgeholt.

Haus oder Wohnmobil – wo wohnt es sich besser?

Erika Harms zeigt, warum sie so begeistert von diesem Zuhause ist: die großen Betten, das geräumige Badezimmer mit dem großen Kleiderschrank und der komfortablen Dusche. Ihre Augen leuchten, als sie durch das Innere des Wohnmobils führt. Draußen auf dem Dach schmiegt sich eine flache Solarpaneele an, so wird das Mobil mit Strom versorgt. Hier unten, unter dem Bett, befinden sich die Batterien, die den Strom speichern. Bis zu drei Tage können die beiden so autark unterwegs sein, erzählt Johann Harms stolz.

Für Erika Harms ist dies ein Traummobil – vor allem wegen des geräumigen Badezimmers am Ende. Foto: Böning
Für Erika Harms ist dies ein Traummobil – vor allem wegen des geräumigen Badezimmers am Ende. Foto: Böning

Haus oder Wohnmobil – worauf können sie eher verzichten? „Nach einiger Zeit ist man schon verwöhnt, wenn man mit dem Mobil unterwegs ist“, sagt Erika Harms und bezieht diese Aussage auf die Zeit, die sie braucht, das Mobil sauber zu halten. „Zuhause ist schon ein wenig mehr zu putzen“, sagt sie und lacht. Johann Harms gibt zu: „Wenn wir lange unterwegs waren, freuen wir uns schon auf zu Hause.“ Ob seine Frau zustimmt, ist schwer zu sagen – sie lächelt nur. Alles immer dabei zu haben und einfach weiterfahren zu können, hat schon etwas.

Einfach Türen zu und los

Die weitesten Reisen mit dem Startpunkt Aurich haben die beiden ins Baltikum geführt. „Das war ganz am Anfang“, erzählt Harms. Unvergessen seien diese Urlaube. Harms nennt sie „geführte Touren“. Sie werden von Mitgliedern aus dem Club vorbereitet – mit Veranstaltungen und Programm. „Die Touren, die wir mitgemacht haben, waren so toll vorbereitet, dass wir die Länder richtig kennenlernen konnten. Traumhaft“, schwärmt Johann Harms noch heute. Näher dran an den Menschen als im Wohnmobil sei man kaum – finden beide.

Nach 30 Jahren im Segelboot auf der Nordsee ist das Platzangebot in ihrem Mobil schon beinahe paradiesisch. Sie hätten das Glück, dass beide für diese Art des Urlaubs schwärmen, sagt Johann Harms. Einsteigen, Türen zu, auf zum nächsten Ziel. „Wenn einer nur dem anderen zuliebe mitmachen würde, ginge das nicht“, ist er sich sicher. Dann zeigt er die technischen Finessen des fahrenden Familien-Stammsitzes: Die digitale Heizungssteuerung, die Anzeige der Batterie-Füllstände und der technischen Wohnmobildaten. Er schwärmt. „Das ist schon Luxus und lohnt sich erst, wenn man in Rente und wirklich viel unterwegs ist“, findet er.

Corona war ein Jungbrunnen

Bald steht das nächste Eura-Mobil-Club-Treffen an. Dieses Mal geht es an den Dümmer – wieder mit viel Programm. Auch die beiden Auricher haben 2014 den Club bereits in ihre Heimatstadt eingeladen. „25 Einheiten waren wir damals“, erinnert sich Erika Harms. Die Krönung: Deutschland wurde Fußballweltmeister und das Treffen unvergessen: „Wir sind durchgedreht.“ Jetzt lädt eines der jungen Clubmitglieder ein. Das ist ein Vorteil der Corona-Pandemie, sagt Johann Harms: „Es kamen viele neue und junge Mobilisten dazu. Vorher waren wir dabei zu überaltern.“ Ganz neuen Schwung gebe es nun im Club.

Auch am Dümmer werden die Mobilisten Museum, Kunst, Restaurants und die Menschen kennenlernen – außerdem geht es um die gemütliche Gemeinschaft. Mit ganz viel Glück gibt es eine Schüttelsuppe, erzählen beide mit leuchtenden Augen. Dazu bringt jede Einheit eine Dose Suppe mit und füllt sie in einen großen Topf. Alles ist erlaubt, außer Fisch. „Und das schmeeeeeeckt“, sagt Erika Harms langgezogen, während sie in Erinnerung an den Genuss die Augen schließt. Die beiden knapp 80-Jährigen wollen ihrem Wohnmobil die Treue halten, so lange es geht – eine andere Art von Urlaub können sie sich nicht vorstellen.

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