Tanken in Ostfriesland Warum die Spritpreise sinken und was die Zukunft bringt

Michael Kierstein
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Von Michael Kierstein
| 21.05.2023 15:57 Uhr | 1 Kommentar | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Tanken ist nicht mehr so teuer, wie es Anfang des Jahres war. Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Tanken ist nicht mehr so teuer, wie es Anfang des Jahres war. Foto: Daniel Reinhardt/dpa
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Die Preise, besonders für Diesel, sind deutlich gesunken. Jetzt ist die Frage: Wie werden sie sich in Zukunft verändern?

Ostfriesland - Anfang diesen Monats war es soweit. Der Dieselpreis ist zum ersten Mal seit Januar 2022 im bundesweiten Tagesschnitt unter 1,60 Euro gefallen. Konkret kostete ein Liter Diesel am Donnerstag 1,594 Euro im bundesweiten Tagesschnitt. Das ist ein Minus von 3 Cent auf Wochensicht und der niedrigste Wert seit dem 14. Januar 2022 – weit vor Beginn des Ukrainekrieges.

Was und warum

Darum geht es: Die Spritpreise scheinen zu sinken. Die Hoffnung, dass es so weitergeht, ist da.

Vor allem interessant für: Alle, die einen Verbrenner fahren

Deshalb berichten wir: Die Spritpreise sind für viele Menschen interessant.

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Gerade beim Diesel überschlugen sich die Preise in den vergangenen Monaten. Galt der Kraftstoff eigentlich immer als günstiger als Benzin, so war er im vergangenen Jahr zeitweise 20 Cent teurer. Und das pro Liter. Nun scheinen sich die Zeichen wieder zu ändern.

Warum ist Diesel günstiger?

Das liegt vor allem an der Energiesteuer. Die beträgt bei einem Liter Diesel 47,04 Cent, bei Benzin sind es 65,45 Cent. Seit Ende Januar gehen die Dieselpreise nun tendenziell stark nach unten. Seit Mitte Februar liegt der Dieselpreis wieder unter dem von E10, inzwischen sind es rund 20 Cent Unterschied.

Wird es weitere Senkungen geben?

Der ADAC sieht noch Potenzial für weitere deutliche Senkungen bei Diesel und Benzin. Im Vergleich zum deutlich gesunkenen Ölpreis sei der Sprit noch zu teuer. Tanken könnte noch günstiger werden, wie ADAC-Kraftstoffmarktexperte Jürgen Albrecht sagt: „Wenn man den gesunkenen Ölpreis und den schwachen Dollar bedenkt, ist im Moment noch gut Luft nach unten“, sagt er. „Und wir reden da nicht nur von ein paar Cent, denn schon vor dem aktuellen Ölpreisrückgang war Sprit eigentlich wieder deutlich zu teuer.“

Im Dezember sei E10 zwischenzeitlich um rund 10 Cent billiger gewesen als heute, „obwohl Öl deutlich teurer und der Dollar stärker war“, sagt der Experte. Diesel war damals zwar teurer – bei diesem Kraftstoff waren die Verwerfungen durch den Ukrainekrieg aber stärker und hatten länger angehalten. Inzwischen hat sich das Verhältnis der Preise von E10 und Diesel allerdings weitgehend normalisiert.

Was sagt ein regionaler Anbieter?

„Die Spritpreisentwicklung ist ein sehr komplexes Thema, dabei fließen viele unterschiedliche Faktoren mit ein“, sagt Franziska Lorey , Sprecherin von Score. Faustregel sei: Wenn der Ölpreis sinkt, dann in der Regel auch die Spritpreise. Aufgrund der Lieferketten allerdings zeitversetzt. „Da Russland angekündigt hat, die Ölfördermengen zu drosseln, sind andere Marktteilnehmer aktiv geworden. Dadurch, dass die Menge aber gar nicht so stark gekürzt worden ist, ist nun mehr Angebot da, deshalb fällt der Preis – und das unabhängig davon, woher das Öl bezogen wird“, erklärt sie. Man könne aber nicht einschätzen, wie die Marktteilnehmer sich verhalten werden oder was geopolitisch/konjunkturell passieren wird. „Wie sich das weiterentwickelt ist ein Blick in die Glaskugel“, sagt sie.

Der Dieselpreis schwanke saisonal und sei im Winter immer etwas höher. „Da die Winter- bzw. Heizsaison zu Ende ist, sinkt der Dieselpreis. Einige Raffinerien mussten sich umorganisieren und deshalb bestimmt auch Versorgungslücken einkalkulieren. Bei uns war kein Versorgungsengpass zu befürchten, da unsere Lieferanten in Lingen und Bremen schon früh unabhängig von russischen Importen waren bzw. entsprechend umdisponiert haben“, erklärt die Sprecherin. Ihrer Erfahrung nach habe man in Ostfriesland einen Vorteil gegenüber anderen Regionen: „In der Regel können Sie davon ausgehen, dass die Preise in unserer Region so 2 bis 3 Cent unter dem Bundesdurschnitt liegen“, sagt sie. Das liege vor allem an Ballungszentren, die andernorts den Schnitt hochziehen.

Was sagt der kleine Unternehmer?

Bastian Hogg betreibt in Papenburg und Leer Tankstellen. „Die Gründe für die Preisrückgänge im Diesel liegen meines Erachtens in den wachsenden Rezessionsängsten in den USA und Europa. Damit verbunden ist die Nachfrage des Dieselverbrauchs im Lkw-Verkehr. Hinzu kommt der bislang ausbleibende Nachfrageboom aus China und die weiteren Zinserhöhungen in den USA und in Europa, die das Wirtschaftswachstum und damit die Ölnachfrage in nächster Zeit weiter begrenzen werden“, sagt er. Hinzu käme die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) und Russland, die mit ihrem Einfluss auf die Fördermengen den Preis mitbestimmen könnten. „Da ist jetzt auch abzusehen, dass sie freiwillige Produktionskürzungen vornehmen werden, um den Ölpreis zu stabilisieren“, sagt Hogg.

„Ich erwarte in den kommenden Wochen und Monaten keine großen Preisrückgänge mehr im Kraftstoffbereich, sondern eher wieder steigende Preise zum Jahresende hin“, vermutet er. Kurzfristig könne zwar auch durch wirtschaftliche Einschnitte, wie einem vielleicht bevorstehender Shutdown in den USA, ein kurzfristiger weiterer Verfall ausgelöst werden, aber letztendlich werde sich das sehr schnell wieder stabilisieren.

„Man darf auch nicht vergessen, dass die Preise immer noch weit über 25 Prozent höher liegen als in den Jahren 2015 bis 2020. Wir kommen natürlich jetzt von einem sehr hohen Niveau zurück, aber günstig ist es daher ja noch lange nicht. Und der Preis für Superbenzin hat sich ja nun wesentlich weniger nach unten bewegt“, sagt Bastian Hogg. Zudem habe sich der Euro auch um 15 Prozent von seinen Tiefständen im Oktober letzten Jahres erholt, was den Rohöl-Einkauf für die großen Konzerne in US Dollar ja auch vergünstige. „Es gibt viele verschiedene Faktoren, die es nicht einfach machen, da eine einfache, pauschale Antwort zu geben. Es geht halt sehr viel um Angebot und Nachfrage, da es ja auch börsengehandelte Werte sind“, so der Tankstellen-Betreiber.

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