Frau am Freitag Sportliches Scheitern

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Eine Kolumne von Ute Nobel
| 14.07.2023 06:00 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Schon der Anblick der Startklappe bei den Bundesjugendspielen hat der Frau am Freitag als Kind ein mulmiges Gefühl in der Magengegend bereitet.

Eine Trophäe gab es nur ein einziges Mal: eine Teilnehmerurkunde in der 1. Klasse – denn die hat, wie der Name schon sagt, jeder bekommen. Für eine Sieger- oder Ehrenurkunde waren die dürftigen sportlichen Hampeleien nie ausreichend. Kurz gesagt: Ich habe die Bundesjugendspiele gehasst.

Nun soll diese Veranstaltung an Grundschulen reformiert werden. Aus einem „leistungsorientierten Wettkampf“ soll ein „bewegungsorientierter Wettbewerb“ werden, die Bewertungen weniger streng und ohne Maßband.

Die unsportliche Frau am Freitag könnte bei dieser Nachricht doch eigentlich einen (soweit es die Fitness erlaubt) Freudensprung machen. Als Mutter von zwei Kindern ist der Blick auf dieses gehasste Ereignis „Bundesjugendspiele“ aber mittlerweile ein ganz anderer geworden.

Man darf und sollte Kindern einen gewissen Wettkampf zumuten – und eben auch die Erfahrung, in etwas nicht gut zu sein. Man muss Kinder nicht vor Misserfolg schützen. Immer in Watte gepackt und nie mit dem Scheitern konfrontiert, lernen sie nicht, mit Wut und Enttäuschung umzugehen.

Und vor allem lernen sie dann nicht, dass es nach einer Talfahrt wieder bergauf geht. Scheitern ist in Ordnung, Fehler machen ist gut, sich anstrengen auch. Man sollte als Eltern begleiten, trösten, vielleicht sogar Tränen trocknen, und eine Hand reichen, um wieder aufzuhelfen. Aber Kinder vor jeglichem Misserfolg bewahren sollte man nicht. Denn der kann durchaus hilfreich sein – zum Beispiel, um den Fokus auf das zu legen, worin man tatsächlich gut ist und was einem Spaß macht.

Und andersherum gibt es ja auch Kinder, deren Stärken im Sport liegen. Die sollten genau dort erfahren, dass sie in etwas herausragen. Wer einem Kind vermittelt, dass es gar keinen Wettkampf gibt, dass im Endeffekt jeder immer Sieger ist und dass man nie verlieren, sondern nur gewinnen kann, der tut diesem Kind keinen Gefallen. Denn rückblickend ist die Erfahrung, auch mit Niederlagen umgehen zu können, mindestens genauso wertvoll wie eine Siegerurkunde. Diese Erfahrung kann sich die Frau am Freitag zwar nicht an die Wand hängen, aber sie hat sie gelehrt – tapfer zu bleiben.

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