Akustik in der Stadt So sieht man Aurich mit den Ohren

| | 23.09.2023 12:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Den Glockenturm der Lambertikirche hört man in der Innenstadt mehrmals am Tag. Aber welche Geräusche gibt es noch? Fotos: Löschen
Den Glockenturm der Lambertikirche hört man in der Innenstadt mehrmals am Tag. Aber welche Geräusche gibt es noch? Fotos: Löschen
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Aurich zu erleben bedeutet nicht nur, Aurich zu sehen. Wer sich die Stadt nur anguckt, der wird so manch schönen Klang verpassen.

Aurich - Im Auricher Stadtgebiet gibt es einige Blickfänge: das Schloss, die Ostfriesische Landschaft und die Lambertikirche. Dazu kann man auf vorgefertigten Routen mit dem Fahrrad auf Erkundungstour gehen.

Was und warum

Darum geht es: So klingt Aurich.

Vor allem interessant für: Auricher und Touristen, die die Stadt auch mal akustisch erleben wollen

Deshalb berichten wir: In der Redaktion hört man regelmäßig das Glockenläuten der Lambertikirche und den lauten Auricher Stadtverkehr. Deshalb haben wir genauer hingehört.

Den Autor erreichen Sie unter: l.loeschen@zgo.de

Doch Aurich zu erleben bedeutet nicht nur, Aurich zu sehen. Eine ganz andere Welt offenbart sich, wenn man die Augen schließt und horcht. Diese Zeitung hat sich an mehreren Stellen im Stadtgebiet umgehört.

Der belebte und musikalische Klang des Marktplatzes

Der Marktplatz ist das Herzstück von Aurich. Die historischen Gebäude wie das Knodt′sche Haus oder der Sous-Turm bieten ein Motiv für einen schnellen Schnappschuss oder ein schönes Urlaubsbild. Was dann aber nicht eingefangen wird, sind die Klänge: Täglich zwischen 10 und 19 Uhr läuten die 16 Glocken am Sous-Turms zu jeder vollen Stunde – unter anderem mit den Melodien von „Dat du min Leevsten büst“ (hochdeutsch: Dass du mein Liebster bist), „Guten Abend, Gute Nacht“ oder „Freude schöner Götterfunken“, wie das Historische Museum und Gerhard Boekhoff von der Stadt Aurich aufzählen.

Am Donnerstag wurde das Erntefest auf dem Auricher Marktplatz gefeiert.
Am Donnerstag wurde das Erntefest auf dem Auricher Marktplatz gefeiert.

Regelmäßig kommt zudem Leben auf den Auricher Marktplatz, wenn die Händler ihre Stände für den Wochenmarkt jeden Dienstag-, Freitag- und Samstagvormittag aufbauen. Beim Stadt- oder Weinfest wird es durch die Musik und Live-Auftritte richtig laut in der Innenstadt – Klassiker wie „Wonderwall“ von Oasis, „Freed from desire“ von Gala, „Sex on fire“ von Kings of Leon, aber auch Hits von Wolfgang Petry oder Mickie Krause werden von vielen Besuchern mitgegrölt. Im Dezember sorgen die Lieder auf dem Weihnachtsmarkt für die perfekte Stimmung bis Heiligabend.

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So klingt Aurich
14.09.2023

Glockenläuten zwischen Baulärm in der Fußgängerzone

Was den Marktplatz mit der Fußgängerzone verbindet? Eine Baustelle – und die klingelt den Aurichern schon seit Jahren in den Ohren. Angefangen haben die Arbeiten schon 2019 und wurden mit Unterbrechungen fortgeführt. Der Presslufthammer, die Steinfräse und die Baggermotoren haben keinen ruhigen Betriebsmodus. Im Moment werden die Steine auf Höhe des Marktplatzes gepflastert. Das verschafft dem Gehör für den Moment etwas Ruhe.

Welche Geräusche verbindet Wilfried Burmann mit Aurich? "Baulärm", sagt der 74-Jährige, bevor er von einem Presslufthammer unterbochen wird.
Welche Geräusche verbindet Wilfried Burmann mit Aurich? "Baulärm", sagt der 74-Jährige, bevor er von einem Presslufthammer unterbochen wird.

Dadurch lässt sich das Läuten des Lambertikirchturms umso besser verstehen. Die Glocken schlagen jede Viertelstunde an, erklärt Christopher Galler vom Historischen Museum. Täglich um 12 Uhr ertönt das Mittags- sowie um 18 Uhr das Feierabendgeläut. Und um 21 Uhr kommt das letzte Geläut für den Tag, das „Rüm Straat Lüden“. In Aurich wird zudem noch der Brauch des Beierns erhalten – die Glocken werden also zu Festtagen von Hand geläutet.

Viele Kinder und brummende Motoren

Der schönste Klang – zumindest wenn es nach den Schülern geht – ist das Pausenklingeln am Gymnasium Ulricianum, das sich ebenfalls noch in der Fußgängerzone heraushören lässt. Genau vier Gongschläge ertönen, bevor um die 2000 Kinder aus Niedersachsens größter Schule auf den Pausenhof stürmen. Einige Minuten später gibt der Gong das Signal für den Beginn der nächsten Unterrichtsstunde.

Getrud Djürken aus Wiesens ist vor dem Baulärm geflüchtet. Die 67-Jährige sitzt gern am Georgswall, isst ein Eis und hört dem Plätschern des Wasserspiels am Rathaus und dem Vogelgesang zu.
Getrud Djürken aus Wiesens ist vor dem Baulärm geflüchtet. Die 67-Jährige sitzt gern am Georgswall, isst ein Eis und hört dem Plätschern des Wasserspiels am Rathaus und dem Vogelgesang zu.

Am Pferdemarkt befindet sich Aurichs Hauptverkehrskreuzung, die auch zu den wichtigsten Knotenpunkten in Ostfriesland gehört. Hier, wo die B 72 und die B 210 aufeinandertreffen, fahren täglich Tausende Autos und Lastwagen vorbei. Den Krach der Motoren, die Huperei sowie das Quietschen der Reifen hört man Hunderte Meter weit. Jedoch wird der Fahrzeuglärm mehrmals pro Tag von den Sirenen der Einsatzfahrzeuge übertönt.

Die Geräusche der Natur

Weiter außerhalb, raus aus dem Stadtlärm, treffen einen ganz andere Eindrücke. Neben der Landluft ist die Geräuschkulisse deutlich ruhiger. In Schirumer Leegmoor hört man zu dieser Jahreszeiten viel Vogelgesang. Fasane, die miteinander streiten, und mindestens ein Uhu setzen über den Tag verteilt zu Konzerten an. Auf den vielen Feldern und Höfen hört man Traktoren teils bis spät in die Nacht arbeiten. Dazwischen macht sich das Muhen der Rinder breit. Am Wochenende dringt das Schreien vieler Boßler durch den Ort. „Schööt“ heißt es dann, wenn ein Team einen Punkt erzielt.

Milchkühe findet man überall in Schirum.
Milchkühe findet man überall in Schirum.

An heißen Tagen suchen sich einige Auricher ein schattiges Plätzchen in der Nähe von Wasser. Eine Wahl: der Badesee Tannenhausen. Wenn es hier einmal voll geworden ist, hört man, wie Volleybälle hin und her geschlagen werden, Musikboxen spielen und glückliche Menschen lachen.

Das sagen zwei bekannte Auricher

Wir haben zwei bekannte Auricher gefragt, mit welchen Geräuschen sie die Stadt verbinden. Bürgermeister Horst Feddermann (parteilos) sagt: „Aurich verbinde ich mit vielen Geräuschen. Es ist einerseits die Kinderfreude, wenn sie in den Wasserspielen vor dem Rathaus oder auf dem Häuptlingsspielplatz herumtoben, aber auch die Ruhe in den Gehölzen und in der Moorlandschaft. Das sind Dinge, die meines Erachtens Aurich ausmachen. Natürlich aber auch das freudige „Schööt“ und leider auch der Verkehrslärm, der durch Aurichs zentrale Lage in Ostfriesland sowie der florierenden Wirtschaft entsteht.“

Rüdiger Musolf leitet das Gymnasium Ulricianum. Er mag „die Stille und die leisen Geräusche der Natur im Sandhorster Wald auf meinem täglichen Fahrradweg zum Dienst und zurück nach Hause“. Aurich sei „von wunderschönen kleinen Wäldern umgeben, und ich bin dankbar für diesen herrlichen Weg zur Arbeit“, so Musolf. Er mag außerdem „das fröhliche Lachen und Toben unserer Schüler auf dem weitläufigen, schönen Pausengelände der Außenstelle des Ulricianums in Egels“. Dort könnten sich Kinder, umgeben von der Natur, in den Pausen frei bewegen, „wie es eigentlich immer sein sollte, aber vom Platz her leider längst nicht auf jedem Schulgelände möglich ist“.

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