Von den Nazis ermordet Maurice Windmüller – offene Fragen

| | 18.10.2023 18:33 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Maurice Windmüller wurde von den Nazis ermordet. Hat der Bruder seiner Mutter noch versucht, ihn zu retten? Foto: privat
Maurice Windmüller wurde von den Nazis ermordet. Hat der Bruder seiner Mutter noch versucht, ihn zu retten? Foto: privat
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Maurice Windmüller wurde im Alter von 19 Monaten von den Nazis in Auschwitz umgebracht. Auch 80 Jahre später ist noch nicht ganz klar, was dem Baby in seinem kurzen Leben alles widerfahren ist. Teil 4.

Emden - Dies ist die Geschichte von Maurice. Maurice ist der Sohn von Salomon Windmüller und Ruth Windmüller-Kornblum. Geboren wurde Maurice am 14. Juli 1942. 19 Monate später, am 11. Februar 1944, wird er von den Nazis ermordet.

Selbst fast 80 Jahre nach dem Tod von Maurice Windmüller sind noch Fragen offen. Fragen, die erst langsam geklärt werden. Zufällige Funde haben in den vergangenen Monaten schon etwas Licht ins Dunkel der Geschichte gebracht.

Was haben die Kornblums versucht?

So gibt es auch Hinweise, dass vielleicht die Kornblum-Seite der Familie versucht hat, Maurice zu retten. Maurices Mutter war ja eine geborene Kornblum. Auf der Westerbork-Lagerkarte ihres Bruders Heinz Hermann Kornblum gibt es einen merkwürdigen Eintrag.

Heinz Hermann Kornblum wurde am 3. Oktober 1942 in Westerbork registriert. Zusammen mit ihm wurde auch seine Frau Sophia, ihr Sohn Igor und noch ein Kind registriert. Und hier wird es interessant: Das dritte Kind der Kornblums hieß Margot. Dieser Name ist auch auf der Karte von Heinz Hermann Kornblum vermerkt, aber mit ihm wurde ein anderer Name überschrieben.

Eine veränderte Lagerkarte

Schaut man ganz genau hin, dann sieht es ganz danach aus, dass zunächst Maurice auf der Karte stand. Auch das Geburtsdatum wurde im Nachhinein angepasst: vom 14. Juli 1942 (Maurices Geburtstag) auf den 24. Juli 1942 (Margots Geburtstag).

Auf der Lagerkarte von Heinz Hermann Kornblum sieht es ganz danach aus als hätte zuerst der Name Maurice auf der Karte gestanden. Foto: Arolsen Archives
Auf der Lagerkarte von Heinz Hermann Kornblum sieht es ganz danach aus als hätte zuerst der Name Maurice auf der Karte gestanden. Foto: Arolsen Archives

Der Historiker Ron van Hasselt spekuliert, dass die Kornblums selbst versucht haben, Maurice zu retten. Denkbar wäre demnach, dass Sophia und Heinz Kornblum versucht haben könnten, Margot und Maurice als Zwillinge auf ihren Namen eintragen zu lassen. Die beiden Kinder sahen sich wohl ähnlich und die zehn Tage Altersunterschied dürften beim bloßen Anschauen der Kinder nicht offensichtlich gewesen sein.

Eine mögliche Theorie

„Es ist nicht undenkbar, dass die Kornblums in dem Wissen, dass das Baby ihrer Schwester und Schwägerin noch irgendwo in Groningen war und dass Salomon und Ruth deportiert worden waren, versuchten, Maurice zu retten. Die Kornblums, die später in das Austauschlager Bergen-Belsen gebracht wurden, dachten vielleicht auch, sie hätten die Aussicht, sicher nach Palästina zu gelangen. Wenn dem so ist, könnten die Kornblums darum gebeten haben, dass Maurice nach Westerbork verlegt wird, damit sie ihn ebenfalls in das sicher geglaubte Bergen-Belsen bringen können“, schreibt Ron van Hasselt. Aber es bleiben Fragen offen, gerade zur zeitlichen Abfolge.

Weitere Hinweise auf das Schicksal von Maurice Windmüller könnte zudem das Niederländische Rote Kreuz geben. Im Archiv in Den Haag muss es ein Dossier über ihn geben mit der Nummer „144330“. So ist es auf seiner Lagerkarte verzeichnet. Auch zu Heinz Hermann Kornblum gibt es ein solches Dossier, ebenso zu zahlreichen anderen Jüdinnen und Juden. Aber die Dossiers wurden nach dem Krieg versiegelt und stehen nun noch für mindestens 20 Jahre unter Verschluss. Antworten auf einige der Fragen wird es also zumindest in diesem Zeitraum erst einmal nicht geben.

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