Proteste in Ostfriesland In Ordnung – oder völlig unangemessen?

| 06.01.2024 11:07 Uhr | 6 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
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Bauern haben zu Protesten aufgerufen. Foto: DPA
Bauern haben zu Protesten aufgerufen. Foto: DPA
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Trecker-Demos und Proteste gegen die Ampel-Politik: Was halten die Ostfriesen von den für den 8. Januar geplanten Aktionen? Wir haben Stimmen gesammelt.

Ostfriesland - Für den kommenden Montag werden immer mehr Protestaktionen in Ostfriesland angekündigt, in sozialen Netzwerken werden Aufrufe zur Teilnahme an den Demos und viele Solidaritätsbekundungen verbreitet. Es gibt aber auch Gegenwind für die Protestbewegung. Wir haben bei Facebook gefragt, was die Menschen von den geplanten Aktionen halten. Hier kommt eine Auswahl aus den Reaktionen.

Peter Gerdes: „Völlig unangemessen und illegitim. Hier geht es an die Substanz, an die Strukturen unserer Demokratie. Angebliche Existenzsorgen werden als Vorwand für die Destabilisierung unserer Gesellschaft genutzt. Das dürfen wir nicht zulassen.“

Rebekka Heppner: „Der Steuerzahler wird von der Regierung so erschlagen, dass man jetzt einfach nicht nur in den eigenen vier Wänden sitzt zu meckern, sondern ein Punkt erreicht ist, den die Regierung auch gern mal mitkriegen kann. Und ja, die Landwirte waren bis jetzt immer die Gruppe, die sofort aufgestanden ist. Und es ist schön, dass jetzt eine Art Herdentrieb entsteht und der ganze Mittelstand seinen Unmut öffentlich kund tut.“

Markus Schmidt-Dannehl: „Die derzeitigen Proteste stellen die Veranstalter ja gerne als ,Aktionen für alle‘ dar. Festzuhalten ist doch, dass die Landwirte u. ä. erst aktiv geworden sind, als sie persönlich durch Planungen und Sparmaßnahmen betroffen waren. Was auch erst notwendig geworden ist, weil man an der Schuldenbremse festgehalten hat und eine Umschichtung der 60 Milliarden gerichtlich untersagt wurde. Eine Branche, die einen großen Anteil des EU-Haushaltes abbekommt, kann natürlich auf nichts verzichten. Wer glaubt, dass es diese Widerstände gegeben hätte, wenn andere Leistungen, von denen diese Gruppen nicht betroffen wären, gekürzt würden, oder dass es Unterstützung von diesen Gruppen gegeben hätte, ist sowas von naiv.“

Proteste „sind eine Frechheit“

Kullat Nunu: „Die Art und Weise ist entscheidend. Gefühlt läuft das gerade in eine falsche Richtung.“

Lars Scholz: „Bin gespannt, was am Dienstag los sein wird, wenn sehr vielen Arbeitnehmern ein Tag Urlaub oder Überstunden abgezogen wird, weil jeder selber dafür verantwortlich ist, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Diese Proteste sind eine Frechheit. Besonders die Trittbrettfahrer wie Pflegedienste und Speditionen. Wogegen protestieren die gleich noch?

Thorsten Betten: „Es geht den Landwirten nicht nur um sie, sondern um alle Berufsgruppen und um uns Bürger! Wir müssen aufstehen und es reicht. Die ganzen Milliarden gehen in Länder, die es nicht brauchen.“

Susanne Rothenpieler: „Die müssen sein. Die Ampel muss geschlossen zurücktreten. Sofort.“

Anneliese Meier: „Ich finde es richtig, dass denen in Berlin mal gezeigt wird, dass sie mit uns nicht alles machen können. Das wird echt mal Zeit, dass auch wir mal die Augen aufmachen und mutig sind.“

Trecker-Kolonnen auf den Straßen: Das Foto entstand Ende Dezember 2023 in Siegen. Foto: Christian Knieps/DPA
Trecker-Kolonnen auf den Straßen: Das Foto entstand Ende Dezember 2023 in Siegen. Foto: Christian Knieps/DPA

Bauern-Demos – „bitte ohne Gewalt“

Sieg Fried: „Ich finde es unangebracht, mit subventionierten 200 und mehr PS Traktoren und subventioniertem Diesel die Arbeitswege derer zu blockieren, die diese Subventionen bezahlen müssen.“

Aliye Bajqinovci: „Demonstrieren ist vollkommen in Ordnung. Aber dann bitte ohne Gewalt!“

Jele Müller: „Demonstrationen sind ok, aber ohne die Nähe zur AfD oder anderen rechten Organisationen. Kleine, ökologische Landwirt:innen sollten Unterstützung bekommen. Die Subventionen für große Betriebe müssen nach und nach reduziert werden, damit bei den Bauern ein Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit erfolgt. Das bedeutet auch weniger Tierhaltung.“

Brigitte Buths: „Diese Proteste sind angemessen und legitim. Den Rechtsruck hat diese Regierung mitzuverantworten. Unsere Regierung hat doch längst den Kontakt zur Bevölkerung verloren. Immer höhere Belastungen und auf der anderen Seite werden die Steuergelder in der ganzen Welt verteilt. Allerdings sollten die Proteste friedlich bleiben!“

Weitere Stimmen bei Facebook

Wir danken allen für ihre Beiträge an der Diskussion. Für eine bessere Lesbarkeit hat die Redaktion einige Fehler in den Beiträgen ausgebessert.

Einige Kommentare wurden gekürzt. Einsehen kann man diese in voller Länge und zahlreiche weitere Stimmen unter dem entsprechenden Post auf Facebook.

Besorgnis über Entwicklung der Gesellschaft“

Wilhelm Haseborg: „Viele, sehr viele Deutsche klagen auf hohem Niveau und wissen nicht, warum protestieren wir eigentlich. Das ist das Gefährliche. Dahinter verbergen sich Gruppierungen, gefährliche Organisationen, sogar Staaten, die unser schön geordnetes Deutschland im Chaos versinken sehen wollen. Liebe Deutsche, bleibt wachsam, was in unserem schönen Land passiert.“

Jens-Rainer Bohlsen: „Noch nie hat seit dem 2. Weltkrieg eine Regierung für solch einen Unmut gesorgt. Unser Land driftet mehr und mehr nach rechts. Die Bürger werden immer unzufriedener. Die jetzt ausgerufenen Demos und Proteste sind ein deutliches Zeichen, dass es so nicht weitergehen kann! Ich stehe an der Seite der Landwirte, Transportunternehmen, Pflegedienste etc. Die Aktionen sind wichtig, richtig und gut.“

Jonas Thierauf: Der Januar des Jahres 2024 wird durch die vielen Demonstrationen und Streiks in die Geschichte eingehen. Während die GDL für die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich streikt, demonstrieren die Bauern dafür, dass sie für ihre 70-Stunden-Woche ihre Mitbürger nicht für noch weniger Geld ernähren müssen.“

Die Wut der Protestierenden richtet sich gegen die Ampel-Regierung. Foto: Knieps/DPA
Die Wut der Protestierenden richtet sich gegen die Ampel-Regierung. Foto: Knieps/DPA

Wird die richtige Diskussion geführt?

Dirk de Boer: „Ich kann den Unmut der Landwirte in Teilen nachvollziehen. Ich glaube jedoch nicht, dass die Fortführung der Agrarsubventionen eine langfristige und befriedigende Lösung für die Landwirtschaft sein kann. Diese Diskussion sollte eigentlich geführt werden. Stattdessen kommen wir aber vom Thema ab. Es geht nur noch um eine pauschale Kritik an der Regierung, die an allem Übel schuld sein soll.“ (...)

Natascha Zwik: „Der Bauernverband hat sehr gute Zahlen gemeldet fürs Jahr 2022/2023. Also keine gefährdete Branche. Dass umweltschädliche Subventionen auslaufen bzw. gestrichen werden müssen, dazu braucht man kein Genie sein und war schon zur Wahl angekündigt worden. Ehrlich gesagt finde ich es persönlich auch nicht gut, wenn Steuergeld für umweltschädliche Subventionen ausgegeben werden und dann zusätzlich Steuergelder aufgewendet werden müssen, um die Folgen zu beseitigen.“ (...)

Anna-Maria Meigel-Blank: „Mal viel wichtiger... Hat jemand einen Hubschrauber für mich? Müsste so einige Hindernisse überwinden auf meiner Strecke zum Nachtdienst. Freinehmen ist keine Option – außer alle Patienten werden am Sonntag von ihren Angehörigen nach Hause geholt.“

Angst und Hilflosigkeit

Eckhard Janssen: „Finde es gut, dass man diese Proteste macht. Hatte noch nie so eine Angst vor der Zukunft.“

Torsten Bruns: „Wer Verständnis fürs Klimakleben, Campieren in Baumwipfeln und Anketten an Bahngleisen aufbringt, der darf ja eigentlich auch nichts gegen Trecker-Demos haben. Protest gegen Umstände, die des Protestes würdig sind, finde ich aber immer gut. Es ist doch schön zu wissen, dass man in einem Land lebt, wo Protest noch möglich ist.“

Gabriele Schink: „Fühle mich hilflos. Und werde nun erst einmal keinerlei Agrarprodukte aus deutscher Produktion mehr kaufen. Kein Marktkauf mehr, keine regionalen Vermarkter, Hofladen nur nach genauer Prüfung. Ansonsten geh ich dahin, wohin mein Herz und die Vernunft mich eigentlich nicht lassen wollen: Supermarkt. Und da kaufe ich nur noch Frischprodukte aus anderen Ländern. Das ist nicht besonders klug. Ich weiß. Aber ich kann und will das Geschehen einfach nicht unterstützen. Und viel tun kann ich sonst nicht.“ (...)

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Timo Gerdes: Nicht zielführend. Die Bürger*innen haben Montag den Stress auf den Straßen und nicht die Politiker*innen.

Bauern wollen „Geld vom Staat erpressen“

Jan Klostermann: „Da will ein Verband mit grenzwertigen Methoden Geld vom Staat erpressen. Dabei nimmt er in Kauf, dass rechte Lager und sonstige Schwurbler sich diesem Protest anschließen. Warum stehen die gleichen Landwirte nicht auf und setzen sich für den Klimaschutz ein? Schließlich sorgt der in hohem Maße dafür, dass die Erträge der Landwirte weniger werden.“

Ingo Weber: „Ich bin solidarisch mit unseren Landwirten. Wenn die Ampel ihr Ziel durchbringt, werden regionale Lebensmittel teurer. Dadurch werden mehr Lebensmittel importiert, was durch Transporte auch nicht gerade gut fürs Klima ist. Es heißt doch immer „Kauf regional“. Lebensmittel, die in unserer Region angebaut werden können, sollte man hier auch anbauen. Mir ist es wichtig, dass die Proteste friedlich bleiben. Dann bin ich am Montag natürlich dabei.“

Christina Weber: „Diese Menschen stehen hinter ihrem Handeln, zeigen Gesicht. Ist doch ihr gutes Recht, friedlich auf die Straße zu gehen und ihre Meinung kund zu geben. Oder darf man das nur noch in bunten Glitzerkostümen? Da beschwert sich doch niemand. Ist ja auch völlig in Ordnung. Aber warum werden da Unterschiede gemacht? Meinungsfreiheit? Man muss sich doch nicht anschließen. Ich würde mich auch nicht einer Regenbogen-Demo anschließen. Würde aber niemals diese Menschen verurteilen.“