Ruhe bitte! Dem Schweinswal wird es zu laut in der Nordsee

| | 29.02.2024 09:09 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Der Schweinswal ist unser größter einheimischer Meeressäuger. Er leidet unter dem zunehmenden Unterwasserlärm in der Nordsee. Foto: ITAW
Der Schweinswal ist unser größter einheimischer Meeressäuger. Er leidet unter dem zunehmenden Unterwasserlärm in der Nordsee. Foto: ITAW
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Der Unterwasserlärm in der Nordsee nimmt zu. Das ist Ergebnis einer internationalen Studie, die das BSH veröffentlicht hat. Der zunehmende Krach hat weitreichende Auswirkungen auf die Tierwelt.

Ostfriesland/Nordsee - Es ist zu laut in der Nordsee – und es wird immer noch lauter: Längst sind die natürlichen Geräusche der See von Wind und Wasser überdeckt vom menschengemachten Lärm. Zunehmender Schiffsverkehr, Munitionssprengungen, seismische Vermessungen, Bagger- und Rammarbeiten, Energiegewinnung: Die Geräusche sind unter Wasser viele Kilometer weit zu hören. Denn im Wasser breiten sich Schallwellen 4,5-mal schneller und deutlich weiter aus als in der Luft. Geräusche im Meer sind also in viel größerer Entfernung noch zu hören als an Land.

Dass zunehmender Lärm im Meer weitreichende Auswirkungen auf die Tiere hat, ist lange bekannt: Denn Meeressäugetiere wie der Schweinswal kommunizieren, navigieren und orten ihre Beute mit Hilfe von Schall. Unterwasserlärm stört dieses Verhalten. Auch bei Fischen kann Lärm zu Beeinträchtigungen führen.

Lärmkarte für gesamte Nordsee

Wie ernst das Lärm-Problem in der Nordsee ist, zeigt eine Studie der Anrainerstaaten der Nordsee: Erstmals wurde der von 19 Stationen gemessene Unterwasserlärm nach einheitlichen Standards analysiert. Die Ergebnisse wurden durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) veröffentlicht als Referenz für künftige Messungen und Bewertungen. So können effektive Maßnahmen entwickelt werden, um den Unterwasserlärm in der Nordsee zu verringern, heißt es vom BSH.

Die Finnen der Schweinswale sind im Frühjahr mit Glück häufig in der Nordsee zu sehen. Ein Schwerpunkt ist vor Borkum. Aber auch im Wattenmeer und in den Flussmündungen ist der kleine Zahnwal zu sehen. Foto: BUND/Imke Zwoch
Die Finnen der Schweinswale sind im Frühjahr mit Glück häufig in der Nordsee zu sehen. Ein Schwerpunkt ist vor Borkum. Aber auch im Wattenmeer und in den Flussmündungen ist der kleine Zahnwal zu sehen. Foto: BUND/Imke Zwoch

Im Rahmen des internationalen Projekts wurde eine Lärmkarte für die gesamte Nordsee erstellt, die mit den Messungen an den 19 Stationen verglichen wurde. Drei der Messstationen liegen in der Deutschen Bucht. Die Lärmkarte zeigt, dass in der südlichen Nordsee und entlang der Hauptschifffahrtsrouten – etwa in den Fahrwassern nördlich der Ostfriesischen Inseln und in der Deutschen Bucht – der Schiffslärm den natürlichen Lärm über die Hälfte des Jahres deutlich übersteigt. Am leisesten ist es hingegen in tieferen Bereichen der nördlichen Nordsee mit weniger Schiffsverkehr, wie vor Schottland und Norwegen.

Maßnahmen für mehr Ruhe

Unterwasserlärm ist einer von elf Anzeigern für den Zustand der Meere; die Europäische Union nahm Lärm im Jahr 2008 unter die Indikatoren auf. Aus der Studie werden die Nordsee-Anrainer nun Maßnahmen ableiten, damit die See wieder leiser statt lauter wird.

Der Bund Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert seit Jahren wirksame Maßnahmen gegen Unterwasserlärm in der Nordsee. Insbesondere der Schweinswal leidet unter dem Krach. Darüber informiert der BUND Ostfriesland am Sonnabend, 2. März 2024, im Nationalparkhaus Dornumersiel: Marine Perrin vom Landesverband Niedersachsen wird das von ihr geleitete BUND-Projekt „Ruhe für die Schweinswale“ vorstellen. Es geht darum, Anwohner, Sportschiffer und Touristen für die Belange dieses kleinen Wals zu sensibilisieren und für das Projekt zu gewinnen.

Vor Borkum tummeln sich Schweinswale

Der kleine Zahnwal ist unser größter einheimischer Meeressäuger. Der etwa 1,60 Meter lange und zwischen 40 bis 70 Kilo schwere Schweinswal hält sich vor allem im Frühjahr und Frühsommer in den Gewässern unserer Region auf; ein Schwerpunkt ist ein Gebiet vor Borkum (Borkum-Riffgrund). Aber auch im Wattenmeer und in den Flussmündungen kann man ihn beobachten.

Die Finnen der Schweinswale sind im Frühjahr mit Glück häufig in der Nordsee zu sehen. Ein Schwerpunkt ist vor Borkum. Aber auch im Wattenmeer und in den Flussmündungen ist der kleine Zahnwal zu sehen. Foto: BUND/Imke Zwoch
Die Finnen der Schweinswale sind im Frühjahr mit Glück häufig in der Nordsee zu sehen. Ein Schwerpunkt ist vor Borkum. Aber auch im Wattenmeer und in den Flussmündungen ist der kleine Zahnwal zu sehen. Foto: BUND/Imke Zwoch

Doch der Schweinswal hat es nicht leicht in der Nordsee. Das macht allein die Tatsache deutlich, dass er zwar bis zu 25 Jahre alt werden kann, in der Nordsee aber eher nur sechs Jahre. Dabei spielt neben vielfältigen Gefahren vor allem der Unterwasserlärm eine große Rolle, heißt es vom BUND. Da der Schweinswal für seine Kommunikation, Ernährung und Orientierung auf sein Gehör angewiesen ist, kann er durch die Zunahme von Lärmquellen im Meer seine Beute nicht mehr wahrnehmen.

Projekt „Zukunft Nordsee“

Dieser Beitrag ist Teil des Projekts „Zukunft Nordsee“ von Ostfriesen-Zeitung, General-Anzeiger, Borkumer Zeitung, Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Deutscher Presse-Agentur (DPA). In dieser Serie beschäftigen wir uns mit Themen, die für die gesamte Küstenregion relevant sind – zum Beispiel mit dem Klimawandel, erneuerbaren Energien, der Entwicklung der Wirtschaft und dem Tourismus.

Der Bildvortrag über Schweinswale findet am Sonnabend, 2. März 2024, ab 15 Uhr im Nationalparkhaus Dornumersiel, Oll Deep 7, Dornumersiel statt. Um Anmeldung wird gebeten per E-Mail an bund.ostfriesland@bund.net oder telefonisch 04941/62249 (Runge).

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