Bildung in Emden CDU will Sprachklassen für Flüchtlingskinder – die Stadt sagt nein


Sprachbarrieren abbauen lautet das Ziel eines Antrags im Emder Schulausschuss. Bei der Forderung nach Extra-Klassen für Flüchtlinge entspann sich eine heftige Diskussion.
Emden - In Aurich machen sie es wieder, sie unterrichten Kinder aus geflüchteten Familien zentral in eigens eingerichteten Deutsch-Klassen. Das mag den geografischen Gegebenheiten des Landkreises geschuldet sein, denn eigentlich besagt ein Runderlass der Schulbehörde, dass geflüchtete Kinder und Jugendliche nicht mehr separiert, sondern im gemeinsamen Schulunterricht jeglicher Fachrichtung und Alters integriert werden sollen, gegebenenfalls mit Sonderunterstützung.
Dennoch könnte das Auricher Vorgehen beispielhaft für Emden sein, findet CDU-Ratsherr Wilke Held und forderte jetzt im Namen seiner Partei im Schulausschuss die Emder Verwaltung auf, für Emden Ähnliches umzusetzen. Doch damit scheiterte Held zunächst, und das nicht nur am Widerstand des Stadtrats Volker Grendel.
Nur Behelfslösungen
Held hatte in seinem Antrag aufgelistet, dass die Thematik der Sprachförderung im jüngsten Bildungsbericht „Teilhabe und Chancengerechtigkeit im Schulleben“ zu kurz komme. Er forderte die Verwaltung schon für diesen aktuellen Schulausschuss ad hoc auf, „Handlungsempfehlungen zu präsentieren, die geeignet sind, Sprachbarrieren in der Emder Schullandschaft zu reduzieren“.
Gleichzeitig nannte er besagtes Modell in Aurich als vorbildlich, während die Beschulung geflüchteter Kinder in Emden in den vergangenen zwei Jahren an vielen Schulstandorten erfolgte und überall zu ähnlichen Problemen führe, nämlich zu Behelfslösungen, weil den Schulen Lehrende mit entsprechenden Kompetenzen fehlen würden.
Schule ist zuständig
Aus der geforderten Beschlussvorlage des CDU-Ratsherren wurde allerdings eine Mitteilungsvorlage der Verwaltung - auch weil über Schulerlasse hinweg keine Beschlüsse im Rat getroffen werden können. Und die nahm umfänglich Birgit Eicklenborg vor vom Fachbereich Schule der Stadt, zuständig dort für das kommunale Bildungsmanagement.
Sie listete zahlreiche Maßnahmen auf, die aktuell an Schulen für den Deutschspracherwerb laufen. Sie erläuterte Abläufe, wie geflüchtete Kinder und Jugendliche in Emden in ihrem Sprachvermögen eingeschätzt werden und entsprechende Schulempfehlungen bekommen. Sie sprach von Beratungsangeboten - machte aber auch deutlich, dass dieses außerschulische Leistungen durch die Kommune sind. „Die Zuständigkeit für das Lernangebot selbst liegt in der Verantwortlichkeit der Schule“, betonte Eicklenborg.
„Unlauterer Handlungsdruck“
Sie stellte allerdings auch fest, dass selbst wenn ausreichend Sollstunden für Deutschunterricht als Fremdsprache festgelegt sind, dafür die Lehrkräfte fehlen. „Außerdem fehlt die Transparenz über Angebote und konkrete Bedarfe an Schulen“, sagte Eicklenborg. „Das soll sich ändern.“
Stadtrat Volker Grendel wurde noch deutlicher. Er sah den Handlungsdruck, den Wilke Held durch seinen Antrag aufbaue, als „unlauter“. Schule sei Sache des Landes, das man nicht aus der Verantwortung nehmen dürfe. „Es werden Stunden festgelegt, wohlwissend, dass es dafür keine Lehrer gibt“, schimpfte Grendel. „Und die Kommune wird dann zu Projekten verpflichtet.“
Integrieren, nicht separieren
Held hielt dagegen, dass er jungen Menschen nicht sagen könne, dass sie keine Chancen haben, weil das Land seine Hausaufgaben nicht mache. Der Stadtrat hingegen fand es „sehr schade“, dass an dieser Stelle alles diskreditiert werde, was die Stadt Emden seit der ersten Flüchtlingswelle 2015 geleistet habe. Anfängliche Sprachklassen seien aber eben inzwischen vom Land abgelehnt worden. Und das auch zu Recht, so Grendel. „Integration findet vor Ort statt und nicht dort, wo Kinder separiert werden.“
Dennoch richtete Grendel auch gegen das Land deutliche Worte. So forderte er das Land auf, seinen Teil zu tun und nicht alles auf die Kommune abzuwälzen. Er zog auch schon prophezeiend Parallelen zur bevorstehenden Ganztangsumsetzung, bei der schon jetzt klar sei, dass Lehrpersonal fehle. Und er forderte alle dazu auf, „ehrlich mit sich selbst zu sein“. 10-, 12- oder 14-jährige Kinder, die neu nach Deutschland kommen, würden eben nicht den Abschluss auf dem selben Niveau hinbekommen, wie jene, die schon als Kleinkinder hier aufwachsen. Grendel machte sich regelrecht Luft: „Das ist jetzt mal eine politische Rede, aber die war notwendig.“
Wilke Held hingegen gab sich in seiner Auffassung nicht geschlagen. „Ich glaube, wir sind nicht so gut wie wir sein könnten, wenn die Verwaltung es allein macht“, sagte er. „Ich verstehe nicht, warum wir nicht diskutieren und sagen, Aurich kann es, wir nicht.“