Frau am Freitag Lizenz zum Führen – endlich auch für Frauen


Der britische Geheimdienst MI6 bekommt erstmals eine Chefin – und die Welt staunt. Warum wir weibliche Führung immer noch als Sensation feiern und was sich daran dringend ändern sollte.
Fast 30 Jahre ist es her, dass Judi Dench als „M“ im James-Bond-Universum die Männerwelt des britischen Geheimdienstes aufmischte. Damals noch Fiktion, heute endlich Realität: Der MI6 bekommt mit Blaise Metreweli zum ersten Mal in seiner 116-jährigen Geschichte eine Chefin. Die Medien jubeln, die Politik spricht von einer „historischen Ernennung“ – und in unserer Redaktion kam der Vorschlag, dies als Thema für die „Frau am Freitag“ zu nehmen, wie aus der Pistole geschossen. Von einem Mann, versteht sich.
Natürlich, es ist ein Meilenstein. Und ja, ich freue mich. Aber während die Welt noch staunt, dass jetzt tatsächlich eine Frau einen der berühmtesten Geheimdienste der Welt leitet, frage ich mich: Warum ist das eigentlich immer noch so eine große Sache? Wäre die Ernennung eines neuen Chefs – also eines Mannes – auch so durch die Nachrichten gejagt worden? Wohl kaum. Da hätte es vielleicht ein paar Zeilen im Politikressort gegeben, ein kurzes Schulterzucken, weiter im Text.
Warum gilt weibliche Führung noch immer als Sensation?
Doch sobald eine Frau an die Spitze kommt, wird gefeiert, diskutiert, analysiert. Es ist, als hätten wir die gläserne Decke gerade erst entdeckt – und müssten jetzt alle gemeinsam darauf herumklopfen, um zu prüfen, ob sie wirklich durchbrochen ist. Dabei sollte es längst selbstverständlich sein, dass Frauen führen. Nicht nur im Geheimdienst, sondern überall. Und zwar nicht, weil sie Frauen sind, sondern weil sie es können.
Das soll nicht falsch verstanden werden: Es ist gut, dass eine Frau nun Chefin ist, es ist wichtig, dass es weibliche Vorbilder gibt – gerade für junge Frauen, die vielleicht noch zögern, ob sie sich in Männerdomänen wagen sollen. Aber solange wir jede weibliche Führungskraft wie eine Sensation behandeln, bleibt die Gleichberechtigung ein Sonderfall. Vielleicht ist es Zeit, dass wir uns an Frauen in Spitzenpositionen gewöhnen. Dass wir irgendwann so weit sind, dass die Nachricht über eine neue Chefin beim MI6 genauso alltäglich ist wie der nächste Bond-Film. Bis dahin müssen wir wohl noch etwas länger – tapfer bleiben.