Kolumne „Frau am Freitag“ Lustige Totensonntage mit viel Grog

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Eine Kolumne von Petra Herterich
| 07.11.2025 09:29 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Am Totensonntag hat jede Familie ihre ganz eigenen Traditionen. Symbolfoto: Pixabay
Am Totensonntag hat jede Familie ihre ganz eigenen Traditionen. Symbolfoto: Pixabay
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Nach einem Sturz am 65. Geburtstag muss eine Freundin der Frau am Freitag den Totensonntag im Krankenhaus verbringen und ärgert sich. Die Frau am Freitag hat an diesem Tag ihre ganz eigene Tradition.

Eigentlich hatte die Freundin an der Küste einen Grund zum Feiern – ihren 65. Geburtstag. Es gab Glückwünsche, einen kleinen Sekt und Geschenke. Doch auf das letzte Geschenk des Tages hätte sie gerne verzichtet: einen rund 45 Zentimeter langen Nagel für ihren Oberschenkelknochen. Nachdem die letzten Gäste gegangen waren, ist sie nämlich in ihrem Vorgarten gestürzt, über eine Baumwurzel. Jetzt liegt sie im Krankenhaus und findet ihr Leben mal wieder „total beschissen“. Kann man ja verstehen.

Ihre größte Sorge ist allerdings – neben der Frage, wer jetzt ihren Wellensittich versorgt –, dass sie in diesem Jahr nun gar nicht am Totensonntag auf den Friedhof gehen kann. Das sei ja schließlich Tradition. Ihr Mann hatte zwar eine Seebestattung, aber egal: Am Totensonntag geht man auf den Friedhof.

Auch die Frau am Freitag kennt diese Tradition noch. Die ganze Familie ging zu Opa ans Grab und anschließend zu Oma zum Grünkohlessen. Vorher gab‘s aber erstmal einen Grog, oder auch zwei. Die Mischung war auch Tradition: Rum muss, Zucker darf, Wasser kann. Ganz ehrlich: Es wurden immer die lustigsten Totensonntage, die man sich denken konnte. Leider ist mit Oma dann auch diese Tradition gestorben. Und inzwischen ist sogar das Familiengrab plattplaniert und Teil eines anonymen Bestattungsfeldes geworden. Wenn Oma das wüsste. . .

Bei der Freundin geht es Totensonntag aber weniger um Spaß, als vielmehr „um die innere Verpflichtung“ der verstorbenen Familienmitgliedern zu gedenken. Nun, sie wird es dieses Jahr vom Klinikbett aus tun müssen. Ja, das ist wirklich kein Spaß – schon gar nicht für sie. Die Frau am Freitag hat angekündigt, ein Video auf dem Friedhof zu drehen und es ihr zu schicken. Das fand die Freundin aber auch nicht wirklich witzig. „Bald lieg ich da auch“, hat sie prophezeit. Dabei ist das Quatsch, denn erstens geht es ihr schon langsam besser und zweitens bekommt sie natürlich auch eine Seebestattung – irgendwann.

Die Frau am Freitag geht Totensonntag übrigens schon lange nicht mehr auf den Friedhof – Grog trinkt sie aber noch, so viel Tradition muss sein. Sie braucht keinen besonderen Totengedenktag um sich an all ihre verstorbenen Familienmitglieder und Freunde zu erinnern. Da wird niemand vergessen. Schließlich hat man viel zu viel miteinander erlebt.

Wie man mit dem Verlust von Freunden und Familie umgeht, muss aber ja jeder für sich selbst klären. Und einen eigenen Weg finden, um damit weiterleben zu können. Dass das aber auch schwierig sein kein, darüber hat die Frau am Freitag diesmal in ihrem Podcast mit einem Psychologen gesprochen – hören kann man das überall da, wo es Podcasts gibt. Es tut gut, zu erfahren, dass und wie man wieder zurück ins Leben finden kann und wieder lachen kann und auch alleine – tapfer bleibt.

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