„Zu früh auf Knopf gedrückt“ Panne in London: Plan für Staatsfinanzen landet vorab online

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Von dpa
| 26.11.2025 17:15 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Da war eigentlich schon alles gesagt: Finanzministerin Reeves stellt dem Parlament ihren Haushalt vor. Foto: House Of Commons/Uk Parliament
Da war eigentlich schon alles gesagt: Finanzministerin Reeves stellt dem Parlament ihren Haushalt vor. Foto: House Of Commons/Uk Parliament
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Ein falscher Klick legt Londons gesamte Haushaltspläne offen, noch bevor die Finanzministerin im Parlament zum Mikrofon greift. Der Inhalt hat Sprengkraft.

Die britische Regierung will mit Steuererhöhungen in Höhe von 26 Milliarden Pfund (29 Mrd. Euro) ein Loch im Haushalt schließen, wie aus einem Dokument des britischen Amts für Haushaltsaufsicht hervorgeht. 

Durch einen beispiellosen Patzer veröffentlichte das Amt die vollständigen Details der Finanzplanung von Finanzministerin Rachel Reeves mehr als eine halbe Stunde bevor sie ihre Pläne wie vorgesehen im Parlament vorstellen konnte. 

„Da hat wohl jemand zu früh auf den Knopf gedrückt“

Die Sprecher einer Expertenrunde bei der BBC starrten nach der Veröffentlichung plötzlich alle wie gebannt auf ihre Laptop-Bildschirme und lasen wahlweise Absätze aus dem seit Wochen von Spekulationen begleiteten Dokument vor. „Da hat wohl jemand zu früh auf den Knopf gedrückt“, sagte einer der Experten.

Auch die Finanzmärkte reagierten sofort auf die versehentlich veröffentlichten Informationen, noch bevor Reeves ihre Vorhaben selbst einordnen konnte. Die hochsensiblen Informationen haben eine große Relevanz für die Käufer von Staatsanleihen und beeinflussen, zu welchen Kosten sich der Staat bei ihnen verschulden kann, um Ausgaben zu finanzieren. Zum Glück für Reeves reagierten die Märkte glimpflich auf ihre Pläne; die Zinsen auf Staatsanleihen sanken leicht. 

Steuererhöhungen von 26 Milliarden Pfund

Konkret sieht der Haushaltsplan Steuererhöhungen in Höhe von zusätzlich 26 Milliarden Pfund bis zum Ende ihrer Amtszeit vor.

Die wichtigste Maßnahme ist eine Art stille Steuererhöhung, in Deutschland als kalte Progression bekannt. Die Regierung will die Schwellenwerte einfrieren, ab denen höhere Steuersätze greifen. Wenn Löhne wie in den vergangenen Jahren nominal steigen - etwa durch Tarifabschlüsse oder ausgleichend zur Inflation -, rutschen viele Beschäftigte automatisch in höhere Steuerklassen. Sie zahlen dann mehr Steuern, obwohl sie real - also inflationsbereinigt - nicht mehr Geld im Portemonnaie haben. Durch diesen Effekt rechnet der Staat hingegen mit mehr Steuereinnahmen.

Finanzministerin gibt zu, Wahlversprechen zu brechen

Finanzministerin Reeves sagte, mit dem Einfrieren der Schwellenwerte bitte sie „alle, einen Beitrag zu leisten“. Sie räumte ein, dass sie mit diesem Schritt Wahlversprechen der Labour-Partei breche, weil es sich „um eine Entscheidung handelt, die arbeitende Menschen treffen wird“.

Die Haushaltsplanung hatte in den vergangenen Monaten eine enorme öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Obwohl die Labour-Partei seit der Wahl vor rund anderthalb Jahren über eine große Mehrheit im Parlament verfügt, gelingt es ihr bislang nicht, entschlossen zu regieren und auch schwierigere oder unpopuläre Reformen durchzusetzen. In den Umfragen ist ihre Beliebtheit zuletzt rapide gesunken, während die rechtspopulistische Partei Reform UK mit immer größerem Abstand führt.

Die Briten können sich nun auf zusätzliche Steuererhöhungen im Umfang von 26 Milliarden Pfund einstellen. Foto: James Manning
Die Briten können sich nun auf zusätzliche Steuererhöhungen im Umfang von 26 Milliarden Pfund einstellen. Foto: James Manning

Weil die Wirtschaft nur schwach wächst, die Kosten für die Staatsfinanzierung wegen der hohen Zinsen gestiegen sind und die Regierung für Ausgabenkürzungen keine Mehrheit in den eigenen Reihen organisieren konnte, wurde das Budget von manchen Beobachtern als „Schicksalsmoment“ der Regierung beschrieben.

Zuletzt hatte die Regierung die Spekulationen selbst befeuert, als sie kurzzeitig andeutete, ihr zentrales Wahlversprechen einer gleichbleibenden Einkommensteuer zu brechen - nur um diesen Vorschlag dann zehn Tage später wieder zurückzunehmen.

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