Weihnachtsaktion 2025 Im Emder Tagesaufenthalt finden Obdachlose ein Zuhause
Der Tagesaufenthalt an der Hansastraße ist einer der wichtigsten Anlaufpunkte für Menschen ohne Wohnung in Emden. Zur Adventszeit sammelt „Ein Herz für Ostfriesland“ Spenden für die Einrichtung.
Emden - In der größten Stadt Ostfrieslands ist er für viele oft der letzte Halt, um den Boden unter den Füßen nicht zu verlieren: der Tagesaufenthalt an der Emder Hansastraße. Betrieben wird er vom Synodalverband Nördliches Ostfriesland der evangelisch-reformierten Kirche. „Wir helfen Menschen, die auf der Straße leben, wohnungslos sind oder in menschenunwürdigen Verhältnissen unterkommen müssen“, heißt es auf der Website der Einrichtung. Um diese Hilfe zu unterstützen, sammelt „Ein Herz für Ostfriesland“ in diesem Jahr Spenden für den Tagesaufenthalt sowie für drei weitere Organisationen, die sich für Obdachlose in Ostfriesland einsetzen.
In Emden sind vier Sozialarbeiter, eine Hauswirtschafts- und eine Verwaltungskraft an fünf Tagen die Woche für Obdachlose und Notleidende da. Unterstützt werden sie von Ein-Euro-Jobbern und Ehrenamtlichen. Andy Dannecker leitet das Team. Der 37-jährige Sozialarbeiter ist seit mehr als zehn Jahren im Tagesaufenthalt. Auch für die Übernachtungsmöglichkeit „Alte Liebe“ an der Nesserlander Straße ist er verantwortlich. Über seine Arbeit sagt er: „Es ist unglaublich hart. Bei uns landen Leute, die fallen überall durchs Raster. Dafür muss man schon Passion mitbringen.“
Erschöpft, entmutigt, verzweifelt
Dannecker und sein Team können sich vor Arbeit kaum retten. Die Zahl der Wohnungslosen in Emden hat sich nämlich drastisch erhöht. Laut Jahresbericht des Synodalverbands haben in der Seehafenstadt mehr als 160 Menschen kein Zuhause – ein Zuwachs um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Fragt man ihn nach den Gründen dafür, nennt Andy Dannecker die Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt. Es werde auch in Emden immer schwieriger, eine günstige Bleibe zu finden.
Außerdem gerieten immer mehr Menschen angesichts hoher Lebenshaltungskosten an die Armutsgrenze – insbesondere diejenigen, die wenig verdienen, Sozialleistungen beziehen oder eine geringe Rente bekommen. „Diese Armut wird deutlich sichtbarer“, beobachtet Dannecker. Überall in der Stadt säßen mittlerweile Menschen, die sich offensichtlich in finanzieller Not befinden. „Sie kommen erschöpft, entmutigt, oft verzweifelt zu uns.“
„Ein überdimensioniertes Zuhause“
Um die Not dieser Menschen zu lindern, gibt der Tagesaufenthalt Mahlzeiten aus und betreibt eine Kleiderkammer. Zudem können die Besucher, die von den Mitarbeitern respektvoll „Gäste“ genannt werden, Waschmaschinen und Duschen nutzen. Auch die Einrichtung einer Postadresse ist möglich. Circa 140 Menschen nutzen dieses Angebot, um ihren Schriftwechsel mit den Behörden abzuwickeln. Am wichtigsten ist jedoch der Aufenthalt an einem geschützten Ort – ohne Gewalt und Drogen.
Damit nasskalte oder frostige Nachmittage nicht im Freien überbrückt werden müssen, vertreiben sich viele Besucher die Zeit mit Lesen, Fernsehen oder einem netten Gespräch. „Wir sind quasi ein überdimensioniertes Zuhause“, sagt Andy Dannecker und lächelt. Auch deswegen sei man im Tagesaufenthalt mit seinem Standort an der Hansastraße dankbar für die Innenstadtnähe. Nur allzu oft schiebe man Obdachlose im wahrsten Sinne des Wortes an den schwer erreichbaren „Rand der Gesellschaft“.
Manche haben es besonders schwer
Zusammen mit seinen Kollegen betreut Dannecker täglich circa 70 Menschen. Die meisten von ihnen sind zwischen 25 und 44 Jahre alt. Je nach Betreuungsbedarf beantragen die Sozialarbeiter gemeinsam mit ihren Schützlingen Sozialleistungen, gehen auf Wohnungssuche und spenden somit Hoffnung für die Zukunft. „Letztendlich ist es unser Ziel, uns überflüssig zu machen“, so Dannecker.
Dabei stoßen die Sozialarbeiter auch auf Hürden. Dem Jahresbericht des Synodalverbands zufolge kommen die Besucher des Tagesaufenthaltes aus 29 verschiedenen Ländern. Da viele von ihnen weder Deutsch noch Englisch sprechen, wird mit Dolmetschern gearbeitet. Besonders schwer haben es jedoch Wohnungslose aus EU-Staaten, erklärt Andy Dannecker: „Die haben in Deutschland keinen Leistungsanspruch und bilden deswegen die letzte Klasse innerhalb der Wohnungslosenhilfe. Das ist schon ein ziemlich perfides Armutsszenario.“
Die Würde des Menschen…
Das Leben auf der Straße hinterlässt Spuren. Deswegen praktizieren in einer Akut-Praxis im Obergeschoss des Emder Tagesaufenthalts zwei Ärzte – dienstags ein Allgemeinmediziner, freitags ein Neuro- und Psychologe. „Unsere Behandlungsmöglichkeiten sind natürlich beschränkt, aber es gibt erst einmal eine Anlaufstelle“, sagt Dannecker. Ob man krankenversichert ist oder nicht, spiele keine Rolle.
Viele Patienten haben mit Suchtkrankheiten zu kämpfen. Ein kalter Entzug als Lösung? Davon rät Andy Dannecker ab: „Die kann man nicht einfach so trockenlegen. Im schlimmsten Fall entwickeln sie eine Epilepsie und landen im Krankenhaus.“ Der Sozialarbeiter stellt klar: Sucht ist eine Krankheit, keine Charakterschwäche. Generell verdiene es jeder Mensch, dass man ihn mit Würde behandelt. Unser diesem Motto stehe die ganze Arbeit des Tagesaufenthalts. „Unsere Einrichtung lebt davon, dass wir ein offenes Haus für alle sind. Wir sehen keine Zahlen, keine Statistiken. Wir sehen Individuen.“
OZ-Weihnachtsaktion 2025
Spendenkonto: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH IBAN: DE89 2802 0050 7016 6111 01 Oldenburgische Landesbank AG Stichwort: OZ Weihnachtsaktion 2025 Sie können hier auch über PayPal spenden. Ob fünf oder 500 Euro – jede Spende ist willkommen. Die Spendernamen werden bei der Weihnachtsaktion veröffentlicht. Wenn Sie spenden, aber nicht genannt werden wollen, vermerken Sie das bitte. Die Verwaltungskosten werden von der Zeitungsgruppe Ostfriesland getragen. Bei Beträgen ab 199 Euro kann per E-Mail an info@einherzfuerostfriesland.de eine Spendenquittung beantragt werden.