Konflikt in Venezuela Friedensnobelpreisträgerin kommt nicht zur Preisverleihung

dpa
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Von dpa
| 10.12.2025 04:04 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
María Corina Machado ist die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin. (Archivbild) Foto: Jesus Vargas/dpa
María Corina Machado ist die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin. (Archivbild) Foto: Jesus Vargas/dpa
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Es kommt selten vor, dass bei der Verleihung des Friedensnobelpreises die wichtigste Person im Raum fehlt. Die Venezolanerin María Corina Machado schafft es jedoch aus guten Gründen nicht nach Oslo.

Die diesjährige Verleihung des Friedensnobelpreises wird ohne die eigentliche Preisträgerin stattfinden. Die venezolanische Oppositionsführerin María Corina Machado wird nach Drohungen der autoritären Führung ihres Landes nicht an der heutigen Preisverleihung im Rathaus von Oslo teilnehmen. 

Die 58-Jährige sei derzeit leider nicht in Norwegen und werde auch nicht bei der Preiszeremonie auf der Bühne stehen, sagte der Direktor des norwegischen Nobelinstituts, Kristian Berg Harpviken, dem Rundfunksender NRK. Stattdessen werde ihre Tochter den Nobelpreis in Empfang nehmen und auch eine Rede halten, die ihre Mutter geschrieben habe. Wo sich Machado aufhalte, wisse er nicht.

Einsatz für die Demokratie in Venezuela

Das norwegische Nobelkomitee hatte im Oktober verkündet, dass die an einem geheimen Ort innerhalb Venezuelas lebende Machado in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird. Das Komitee sprach ihr den renommierten Preis „für ihren unermüdlichen Einsatz für die demokratischen Rechte des venezolanischen Volkes und für ihren Kampf für einen gerechten und friedlichen Übergang von Diktatur zur Demokratie“ zu. 

Die 58-Jährige widmete die Auszeichnung daraufhin „dem leidenden Volk Venezuelas“ sowie US-Präsident Donald Trump für seine Unterstützung der venezolanischen Opposition. Venezuelas autoritärer Präsident Nicolás Maduro bezeichnete sie im Anschluss indirekt als „dämonische Hexe“ - ihren Namen nimmt er für gewöhnlich nicht in den Mund.

Nicolás Maduro führt Venezuela seit Jahren autoritär. (Archivbild) Foto: Marcos Salgado/XinHua/dpa
Nicolás Maduro führt Venezuela seit Jahren autoritär. (Archivbild) Foto: Marcos Salgado/XinHua/dpa

Machado gilt als einende Kraft der Opposition in Venezuela und entschiedene Widersacherin des seit 2013 autoritär regierenden Maduro. Sie hatte sich 2023 um die Präsidentschaftskandidatur in ihrem Land bemüht, wurde jedoch wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten von der Wahl im darauffolgenden Jahr ausgeschlossen. Kritiker werfen Maduro systematische Wahlmanipulation vor.

Hohes persönliches Risiko

Machado ist vor geraumer Zeit aus Sorge um ihre Sicherheit innerhalb ihres Landes abgetaucht. Das Nobelkomitee war bislang davon ausgegangen, dass sie für die Preiszeremonie nach Oslo kommen könnte. Sie selbst hatte beteuert, alles daranzusetzen, um für die größte Ehrung ihres Lebens in die norwegische Hauptstadt reisen zu können.

Die venezolanische Staatsanwaltschaft hatte jedoch damit gedroht, Machado aufgrund verschiedener Ermittlungen gegen sie als flüchtig zu betrachten, sollte sie das Land verlassen. Ihr würde damit möglicherweise die Festnahme, ein Einreiseverbot oder Schlimmeres drohen, wenn sie aus Oslo nach Venezuela zurückkehren würde.

„Mir sind alle erdenklichen Verbrechen vorgeworfen worden, bis hin zu Terrorismus“, sagte Machado jüngst in einem NRK-Interview. „Das Regime ist sehr deutlich geworden. Maduro hat gesagt, dass sie mich töten werden, wenn sie mich erwischen.“

Verhinderte Nobelpreisträger absolute Ausnahme

Es kommt bei den seit 1901 vergebenen Nobelpreisen nur äußerst selten vor, dass Preisträger ihre Auszeichnungen nicht persönlich in Empfang nehmen können. Fünf Friedensnobelpreisträgern war dies in der Preisgeschichte verwehrt geblieben, weil sie zum Zeitpunkt ihrer Auszeichnung in ihren Heimatländern inhaftiert waren. 

Zu ihnen zählten der deutsche Journalist Carl von Ossietzky 1935, die myanmarische Politikerin Aung San Suu Kyi 1991, der chinesische Menschenrechtler Liu Xiaobo 2010 sowie zuletzt der belarussische Anwalt Ales Bjaljazki 2022 und die iranische Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi 2023. 

Der vietnamesische Politiker Le Duc Tho war 1973 der bislang einzige Friedensnobelpreisträger, der den ihm zugesprochenen Preis aus freien Stücken ablehnte. Er war damals gemeinsam mit US-Außenminister Henry Kissinger ausgezeichnet worden und begründete die Zurückweisung des Preises damit, dass in Vietnam immer noch kein Frieden herrsche.

Der Friedensnobelpreis wird alljährlich feierlich und vor den Augen der norwegischen Königsfamilie (vorne) im Osloer Rathaus vergeben. (Archivbild) Foto: Cornelius Poppe
Der Friedensnobelpreis wird alljährlich feierlich und vor den Augen der norwegischen Königsfamilie (vorne) im Osloer Rathaus vergeben. (Archivbild) Foto: Cornelius Poppe

Der Friedensnobelpreis wird traditionell am 10. Dezember feierlich im Osloer Rathaus überreicht - die Zeremonie findet heute um 13.00 Uhr statt. Am selben Tag, dem Todestag von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896), werden später alle anderen Nobelpreise in den weiteren Kategorien Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Wirtschaftswissenschaften in Stockholm überreicht. Dotiert sind die Preise in diesem Jahr mit jeweils elf Millionen schwedischen Kronen (rund eine Million Euro) pro Kategorie.

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