Emden
Rentnerin gibt mit Mülltonne den Takt an
Ältere Herrschaften haben es in Sachen Musik gerne klassisch und gediegen? Von wegen. Eine Mülltonne ist für Annegret Ernst das Instrument ihrer Wahl. Wie sie dazu kam, hat die 69-Jährige der OZ erzählt.
Emden - Der Deckel der Mülltonne hüpft durch die Wucht der Schläge auf und ab. Aus dem Probenraum wummert der Bass. Aber hier probt keine Garagenband, der das Geld für ein Schlagzeug fehlte. Die adrette 69-jährige Annegret Ernst hämmert einen Schlegel im Takt auf den grünen Deckel einer Mülltonne. Wenn man die Dame in ihrem farblich abgestimmten Outfit sieht, würde man wohl nicht darauf kommen, dass sie sich ein Kehrblech, einen Besen oder eben eine grüne Mülltonne als Instrument aussuchen würde – aber so ist es.
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Keine Grenzen
Eingebettet werden die Rhythmus-Musikstücke in Schauspieleinlagen oder Choreographien. Die Instrumente sind Alltagsgegenstände: Von Fässern, Mülltonnen und Kanistern über Besen, Kehrbleche, Löffel, Schreibmaschinen, Zeitungen und Bällen kann alles benutzt werden. „Da ist der Fantasie keine Grenze gesetzt. Das schätze ich besonders. Manche Menschen verstehen die Musik wahrscheinlich nicht“, mutmaßt die ehemalige Lehrerin.
„Das ist wirklich anstrengend“
Anfang 2016 erfuhr Annegret Ernst dann von ThearticStomp. „Ich bin sofort eingetreten“, sagt sie. Die Gruppe habe – wie es das Credo von Theartic ist – keine Schwelle. Man müsse nicht zwingend Noten lesen können oder Vorerfahrung haben. Auch das Alter der Musiker spielt keine Rolle. „Jeder bekommt Parts, die ihm auf den Leib geschneidert werden“, sagt sie. Es gebe nur eine goldene Regel für jeden: Konzentrieren und den Takt im Kopf mitzählen.
„Das ist wirklich anstrengend“, sagt Annegret Ernst. Aber so bekomme sie auch den Kopf frei. „Die Gedanken konzentrieren sich auf den Takt. Dinge, die sonst im Kopf herumgeistern, sind vergessen.“
Wenn man auf Alltagsgegenständen Musik macht, kann man privat dann ein Kehrblech Kehrblech sein lassen? „Ich brauche die anderen zum Üben meiner Parts. Der Reinfall mit dem Gitarre hat mir das schon gezeigt“, sagt sie. „Außerdem wäre mein Ehemann wohl nicht begeistert, wenn ich den ganzen Tag herumtrommeln würde“, sagt sie und schmunzelt.