Berlin (dpa)
Europäische Corona-Warn-App soll Ende der Osterferien kommen
Wissenschaftler und Unternehmer aus acht europäischen Löndern haben vor einer Woche das Konzept einer Corona-Tracking-App vorgestellt, bei der die Privatsphäre der Betroffenen gewahrt bleiben soll. Nun zeichnet sich ein schneller Start ab.
Die in Europa entwickelte Smartphone-Technologie zur Eindämmung der Covid-19-Epidemie steht voraussichtlich bald nach Ostern als konkrete Corona-Warn-App zur Verfügung.
Das kündigte Chris Boos, einer der führenden Forscher des Projektes PEPP-PT in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur an. „Ich gehe davon aus, dass wir zwischen 15. und 19. April die erste App tatsächlich live haben“, sagte der IT-Unternehmer, der im Digitalrat der Bundesregierung sitzt. Das Konzept war in den vergangenen Wochen von 130 Experten aus acht europäischen Ländern entwickelt und von Soldaten der Bundeswehr in Berlin getestet worden.
Die App soll Menschen rasch und anonym informieren, wenn sie Kontakt zu anderen hatten, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Bisher läuft die Information über die Gesundheitsämter. Diese bemühen sich, aufwendig alle Kontaktpersonen zu erreichen, an die sich der Infizierte erinnert.
Boos betonte, bislang gebe es noch keine fertige Tracking-App, sondern ein offenes technisches Konzept, das drei Ziele verfolge. Zum einen müsse das System eine saubere Messung ermöglichen. „Wir wollen nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.“ Das zweite Ziel sei die Sicherung der Privatsphäre. „Wir verwenden keinerlei Ortungsdaten und auch keine Daten, die einen Menschen identifizieren können.“ Dabei setze man auf eine komplette Anonymisierung und reine Freiwilligkeit. Der dritte Punkt sei die Interoperabilität zwischen den Ländern. „Wir haben dann eine Art Roaming, damit man auch wieder wirklich die Grenzen öffnen kann und trotzdem informiert Infektionsketten nachverfolgen kann.“
Wer die Anwendung nun konkret in die App-Stores bringe, sei eine politische Entscheidung, betonte Boos. Er persönlich sehe das Robert Koch-Institut (RKI) als „natürliche Quelle für eine App in Deutschland“. Das RKI hatte bereits am Dienstag eine erste Corona-App veröffentlicht, mit der Bürger Gesundheitsdaten aus Fitnesstrackern und Smartwatches spenden können, mit denen Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Verbreitung des Virus ziehen wollen. Das RKI sei auch bei dem PEPP-PT-Projekt von Anfang mit dabei gewesen.
Als Betatester für die PEPP-PT-Plattform habe man aber auch der Start-up-Community Zugriff gewährt, sagte Boos. „Wir wissen von vielen, die schon an Apps bauen, auch für unterschiedliche Länder.“
Technisch setzt das Projekt auf der Bluetooth-Technologie auf. Hat man eine entsprechende App installiert, sendet das Smartphone regelmäßig per Bluetooth eine ID, quasi wie ein kleiner mobiler Leuchtturm. Gleichzeitig lauscht die App auf die ID-Signale der anderen Nutzer, die sich in der Nähe aufhalten. Befinden sich zwei Anwender in der Reichweite des anderen, tauschen sie ihre IDs aus und speichern sie verschlüsselt lokal ab.
Die Verwendung des Funkstandards Bluetooth Low Energy stelle sicher, dass man „nicht auf Ortsdaten und dergleichen“ zurückgreifen müsse, sagte Boos. „Das hat auch den Vorteil, dass es auch wirklich nur in einem kleinen Umkreis funktioniert.“ Man könne bei Messungen mit Bluetooth sogar herausfinden, ob zwei Menschen durch eine Wand oder Glasscheibe voneinander getrennt seien. „Das funktioniert sehr gut. Wir haben das zuerst in einem mathematischen Modell entworfen und dann bei Labor-Tests überprüft. Und schließlich auch noch in der freien Wildbahn, unter anderem bei der Bundeswehr, getestet. Das funktioniert sehr zuverlässig.“
Hannes Amtesreiter, der Deutschland-Chef von Vodafone, sprach von einem „gut durchdachten und präzisen Projekt“, das man von Beginn an unterstützt habe. „Spezifische Situationen und Krisen brauchen spezielle Innovationen. Und das ist eine.“ Der Digitalkonzern hatte sein Testzentrum in Düsseldorf, das größte von Vodafone in Europa, zur Verfügung gestellt, um die Bluetooth-Sensorik für das Projekt weiterzuentwickeln und in der Praxis zu testen.