Was Sie heute wissen müssen IC Norddeich für 9 Euro | Veganer Pastor verärgert Landwirte | Die schwarzen Rehe von Ihlow

Joachim Braun
|
Eine Kolumne von Joachim Braun
| 07.07.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
Artikel hören:
Artikel teilen:

Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Das lässt sich das Land tatsächlich einiges an Steuergeld kosten - wie schon so viel in den vergangenen Jahren der Krise: Ab morgen, und damit noch für gut eineinhalb Monate, gilt das 9-Euro-Ticket auch auf der Intercity-Teilstrecke zwischen Bremen-Hauptbahnhof und Norddeich Mole. Zweifellos ein Gewinn für den Tourismus in Ostfriesland, bezahlt an die Bahn mit 1,5 Millionen Euro durch das niedersächsische Wirtschaftsministerium. Am Ende des 9-Euro-Experiments werden wir hoffentlich erfahren, ob für die Nahverkehrssysteme etwas hängen bleiben wird, gerade in einer Region wie Ostfriesland, wo das Netz so lückenhaft ist.

Skandal oder keiner? Die Frage ist eigentlich schnell beantwortet: Nach Gesetzeslage und nach Meinung des Veterinäramts ist es völlig in Ordnung, dass Bauern ihre Kühe, bevor sie nach der Winterpause aus dem Stall auf die Weide gelassen werden, sedieren. Denn die Gefahr, dass sich die Tiere vor Begeisterung verletzen, gilt als groß. Gerade „Kälber sind sehr aufgeregt, wenn sie das erste Mal auf die Weide kommen“, sagt Tierarzt Dr. Joachim Kleen, der auch in der Kommunalpolitik tätig ist. Er widerspricht damit dem Verein „Aktive Tierfreunde“, der in Großheide ein bedüdeltes Rind gefilmt hatte und diesen Filmschnipsel veröffentlichte. Wie üblich gingen (selbsternannte) Tierwohl-Experten und Anhänger einer vegetarischen Lebensweise steil. Merlin Klinke und Maximilian Matthies haben beide Seiten in diesem Konflikt dokumentiert.

Einen offenen Konflikt zwischen Fleischerzeugern und Vegetariern gibt es auch in Remels - aber einen ungewöhnlichen, denn Priester sind bisher nicht unbedingt als Verfechter der Fleischlos-Ernährung aufgefallen. Tobias Kirschstein, 33 Jahre alt, seit zwei Jahren Pastor in Remels, lebt seit etwa zehn Jahren vegetarisch und inzwischen auch vegan und thematisierte dies jüngst in einem Gemeindebrief: „Wir sind moralbegabte Geschöpfe Gottes und als solche verpflichtet, unsere Welt zu bebauen und zu bewahren“, so der Pastor in dem Artikel. „Ich versuche das durch meinen weitestgehenden Verzicht auf tierische Produkte zu erreichen.“ Das brachte die Landwirte in seiner Gemeinde auf die Palme und Kirschstein dazu, sich bei ihnen öffentlich zu entschuldigen. Tobias Rümmele hat das Skandälchen nachrecherchiert. Schade nur, dass er Kirschsteins Rezept für eine Linsen-Zitronen-Suppe mit Spinat nicht mit veröffentlicht hat. Das klingt doch sehr lecker.

Bleiben wir beim Fleisch und wechseln vom Erzeuger zum Verarbeiter. Dass sich die Zahl der Fleischereien im Landkreis Aurich in den vergangenen 20 Jahren von 39 auf 18 mehr als halbiert hat, hängt weniger mit vegetarischen Protesten zusammen als mit billigem Fleisch vom Discounter und einer enormen Bürokratie. Was das bedeutet für einen selbstständigen Fleischer, das hat Gabriele Boschbach im Gespräch mit Volker Lambrecht erfragt. Er ist der letzte Metzger in der Auricher Kernstadt. In Spitzenzeiten beschäftigte er sechs Angestellte, jetzt mache er alles selbst: Produktion, Verkauf, Buchhaltung: „Dafür stehe ich noch früher auf und arbeite abends länger.“

Auf keinen Fall wird Lambrecht oder einer seiner Kollegen den schwarzen Rehbock von Ihlow unters Messer bekommen. Er und seine beiden ebenfalls schwarzen Artgenossen stehen unter besonderem Schutz der Jagdpächter im Revier Westerende-Kirchloog, wo die seltenen Tiere zuhause sind. Warum die Rehe schwarz und nicht braun sind, weiß niemand so genau. „Faszinierend ist, dass sie ausschließlich in Deutschland und hier nur im Elbe-Weser-Dreieck vorkommen“, sagt Dr. Oliver Keuling von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Ein weiteres Phänomen: „Sie werden vor allem auf feuchten Moorböden gesichtet.“ Nicole Böning erzählt nicht nur eine spannende Geschichte, sie erklärt auch, woher die schwarze Färbung kommt. Vermutlich. Wahrscheinlich. Oder doch nicht?

Wasserstoff ist der Grundstoff unseres Universums, ein idealer Energiespeicher und doch nur mit großem Aufwand zu erzeugen. Aber es ist einer der Hoffnungsbringer für die Energiewende, vor allem wenn er mit regenerativen Energien produziert wird. Vieles gilt es noch zu lernen, und da kommen die bisherigen Erdgas-Kavernen in Etzel, Gemeinde Friedeburg, ins Spiel. Marco Zobel, Chemieingenieur und Gruppenleiter beim Institut für Vernetzte Energiesysteme, forscht dort über Wasserstoff und seinen Möglichkeiten. Imke Oltmanns hat ihn besucht und mit ihm auch über die Grundlagen der Wasserstoff-Nutzung gesprochen. Ein Text für Leute, die es genau wissen wollen.

Während die EWE und auch regionale Initiativen noch an Projekten für die Wasserstofferzeugung basteln, ist ein Verbraucher schon im Landkreis Aurich unterwegs. Ausgestattet mit einer Brennstoffzelle, Wasserstofftanks und Elektromotor vereint er die Vorteile von E-Motoren und Verbrennern: kein CO₂-Ausstoß und trotzdem hohe Reichweite (mehr als 400 Kilometer). Landrat Olaf Meinen und ein paar Kreistags-Kollegen durften gestern eine Probefahrt mitmachen, Marion Luppen war dabei.

Wo wir beim Klima sind: Zehn Folgen der Videoreihe „Klima-Checker“ haben meine jungen Ostfriesen-TV-Kollegen Jasmin Keller, Luca Hagewiesche und Robert Mohr schon produziert. Praktische, leicht umzusetzende Tipps, wie man im Haushalt Energie sparen kann, zeigt die aktuelle Folge. Meinen Kühlschrank habe ich daraufhin schon mal höher gestellt (ist allerdings für den Weißwein nicht so gut).

Was heute wichtig wird:

  • Im Bauausschuss in Jemgum wurde die Umbenennung von Straßen gesprochen. Möglicherweise werden die Bürgerinnen und Bürger mit einbezogen. Doch wie bekommen Straßen eigentlich ihre Namen? Rieke Heinig hat nachgefragt.
  • Angesichts steigender Preise für Gas und Heizöl rüsten sich Besitzer von Kaminöfen sich für den Winter und decken sich mit Brennholz ein. Folge: Preise steigen und hochwertiges Holz ist derzeit vielerorts gar nicht verfügbar. Tatjana Gettkowski berichtet.
  • In einem Restaurant in Ihlow soll vergangenes Jahr wiederholt gegen Auflagen der Lebensmittelüberwachung verstoßen worden sein. Die Staatsanwaltschaft spricht von gravierenden Hygienemängeln. Die Wirtin steht heute in Aurich vor Gericht. Bettina Keller berichtet.
  • Der Rettungsdienst im Landkreis Aurich ist angeblich überlastet und nur bedingt einsatzfähig. Dieser Vorwurf wurde vergangene Woche in einem anonymen Brief erhoben. Im Gesundheitsausschuss des Kreistags wird der Brief aller Voraussicht nach Thema sein. Marion Luppen berichtet.
  • Auf dem ehemaligen Nordseewerke-Gelände in Emden sind noch drei Betriebe angesiedelt. Die Fosen-Werft kämpft derzeit mit der Insolvenz. Die anderen beiden aber stehen gut da, auch Thyssenkrupp-Marine-Systems, bei den es stetig bergauf geht. Mona Hanssen berichtet.
  • Offenbar wurde mehr oder weniger klammheimlich die letzte CNG-Tankstelle in Emden geschlossen. Ursprünglich sollte es noch bis Ende dieses Jahres den Treibstoff für rund 120 Fahrzeughalter in der Stadt geben. Gordon Päschel hakt nach.
  • In unserer aktuellen Folge der Feinschmecker-Serie „Leckerst un Best“ geht es um Desserts vom Grill. Stephanie Tomé hat ein paar schöne Rezepte parat: vom einfachen Obstspieß bis zum Käsekuchen mit Raucharoma.
Ähnliche Artikel