Was Sie heute wissen müssen Pfandflaschen bitte abgeben | Wittmund, der Corona-Hotspot | CDU vergleicht Bavink mit Luther

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 20.07.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Alarm in Bagband. Nein, es ist nicht der drohende Gasmangel, der Ostfriesen-Bräu-Chef René Krischer gestern einen Hilferuf über Facebook absetzen ließ, es ist real existierender Glasmangel. Normalerweise, sagt Krischer, kamen auch im Sommer etwa 80 Prozent der verkauften Leergut-Flaschen wieder zur Brauerei zurück. „Im Winter an 100 Prozent.“ Im Moment ist es aber nur jede dritte Flasche. Und das bringt der Brauerei massive Probleme. Denn neue Glasflaschen müssen lange vorher bestellt werden und sind ohnehin schwer zu bekommen - womit wir doch wieder beim Gas wären. „Aktuell können sich die Glashütten vor Anfragen nicht retten, weil sie enorm viel Wärme und damit enorm viel Gas benötigen, um Glas herzustellen. Entsprechend versuchen jetzt alle, sich noch mit Glas einzudecken, denn was du jetzt nicht kriegst, kriegst du im Herbst vermutlich erst recht nicht mehr.“ Ole Cordsen berichtet.

Um die drohende Gaskrise geht es auch in Aurich. Der Verwaltungsausschuss hat beschlossen, das Freibad De Baalje schon am 31. August zu schließen - also mitten im Sommer. Immerhin ist das Bad der größte Gasverbraucher der Stadt. Die Solebäder werden, wie Jens Schönig schreibt, sogar schon in zwei Wochen dicht gemacht. Als Solidarbeitrag sind die Maßnahmen durchaus verständlich, aber etwas fantasielos erscheinen sie mir schon: Warum denn nicht das Freibad unbeheizt weiter betreiben, bis der Sommer wirklich vorbei ist. Gut gemeint ist nicht gut gemacht.

Bleiben wir beim Thema Energiewende: „Wem gehört das Meer“, diese berechtigte Frage stellt Imke Oltmanns angesichts der Nutzungseinschränkungen, die jeder weitere Offshore-Windpark in der Nordsee mit sich bringt. Fischer dürfen dort nicht fischen, Segler nicht segeln, und auch die Marine nicht üben - bis jetzt. Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbands der Windparkbetreiber Offshore, bestätigt im Interview, dass es diesen Konflikt gibt und macht auch Kompromissvorschläge. Wenigstens die Bundeswehr könnte sich darüber freuen.

Ganz andere Schlagzeilen macht indes der Landkreis Wittmund. Einst war er der Kreis mit der niedrigsten Corona-Inzidenz, jetzt ist er mal wieder der mit der höchsten. Wobei, wie Oliver Bär zu Recht schreibt, die Zahlen mangels Testungen derzeit eher unzuverlässig sind. Trotzdem geht die Inzidenz laut Robert-Koch-Institut gegen 2500, ein Vielfaches der umliegenden Kreise. Das hat unmittelbare Auswirkungen. Nur zwei der drei Spiekeroog-Fähren können wegen Krankheitsausfällen fahren - ausgerechnet jetzt, in der Hochsaison. Pandemietreiber waren übrigens Superspreader-Ereignisse wie das Schützenfest in Esens. Hayen Iggena, Pressereferent der Schützencompagnie in Esens, erwischte es dort, unsere Kollegin Susanne Ullrich und viele andere auch.

Offenbar regen Ortsschilder zu Schabernack an. In Hesel werden die Schilder regelmäßig abgeschraubt und geklaut. Veenhusen in der Gemeinde Moormerland wurde gestern der Stadt Emden zugeschlagen. Detlef Saathoff hat die Aktion am Morgen mitbekommen: „Ich bin um halb fünf von Lärm geweckt worden“, erzählt er Nikola Nording. Er habe drei junge Menschen am Schild beobachtet, sich aber nichts dabei gedacht. Übrigens: Für die Justiz ist der Spaß kein Spaß. Wer beim Schilderklau erwischt wird, dem drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis.

Straßenumbenennungen sind ein heikles Thema. Der Aufwand ist je nach Zahl der Anlieger groß. In Leer steht zurzeit die Bavinkstraße in der Diskussion. Der frühere Bürgermeister Wolfgang Kellner hat im vorigen Herbst in einem Buch dargelegt, dass der aus Leer stammende Wissenschaftler ein Wegbereiter des Nationalsozialismus war. Grundsätzlich nichts Neues, in Bielefeld, wo Bernhard Bavink als Lehrer arbeitete, bekam ein nach ihm benanntes Gymnasium schon vor Jahren einen neuen Namen. Ob auch in Leer der Name Bavink getilgt wird, soll laut Bürgermeister nach der Sommerpause entschieden werden. Die CDU ist dagegen, wie sie gestern bekannte. Kann man ja sein, aber die Begründung ist unterkomplex: Ein Straßenname könne ein Hinweis auf eine Persönlichkeit sein, die das Land geprägt hat – im guten wie im schlechten, sagt der Ortsverein und stellt Bavink in einen Kontext mit Kirchenstifter Martin Luther. Und mit Paul von Hindenburg. Stimmt, der ehemalige Reichspräsident, der, wie man heute weiß, Hitler die Steigbügel gehalten hat, taugt ebenso wenig als Straßenpatron. Auch da hat Leer noch Nachholbedarf. Manchmal, liebe CDU, würde es sich lohnen zu schweigen. Katja Mielcarek berichtet.

In unserer Redaktion gilt das Du, ohne Gnade. Jeder neue Kollege, egal ob Praktikant oder Redaktionsleiter, kommuniziert sofort per Du (bei und mit mir hat das ehrlich gesagt länger gedauert). Das Du ist auch im Verlag weit verbreitet, mit einer Ausnahme, dem Verleger. Für Business-Coach Gwendolyn Stoye sind wir ein modernes Unternehmen (ich würde eher sagen: ostfriesisch-locker). „Ich glaube, das Siezen ist eine aussterbende Kultur“, sagt sie. Das sieht man in einem hierarchisch strukturierten Laden wie der Sparkasse naturgemäß anders, nicht aber bei der Softwarefirma Orgadata. Vom Azubi bis zum Vorstand werden alle mit Du angesprochen. „Das schafft mehr Nähe und stärkt das Wir-Gefühl“, sagt Firmensprecher Andreas Meinders. Meinen Freund Christoph, ehemaliger Kollege im oberbayerischen Bad Tölz, würde es bei so einem Satz erschaudern. Ich sehe es direkt vor mir. Aber wie heißt es in Köln: Jeder Jeck ist anders.

Was heute wichtig wird:

  • Klimaschutz und Nachhaltigkeit stehen für den neuen Leeraner Stadtbaurat Rainer Kleylein-Klein ganz oben. Für die Leeraner wird das einige Veränderungen bringen. Katja Mielcarek hat mit ihm gesprochen.
  • Der Landkreis Leer bringt neuerdings Geflüchtete aus der Ukraine in einem ungenutzten Hotel in Warsingsfehn unter. Wie sieht diese Unterkunft aus? Karin Lüppen hat sie sich zeigen lassen.
  • In Aurich wird die Popenser Straße ab Donnerstag voll gesperrt werden. Anwohner, die in nicht mehr zugänglichen Seitenstraßen wohnen, sorgen sich um Rettungswege. Gabriele Boschbach hat nachgefragt.
  • Die Stadt Wiesmoor hat 2021 eine Bürgschaft über 104.000 Euro für Baumaßnahmen im Waldkindergarten übernommen. Nun haben sich die Kosten fast verdreifacht. Jens Schönig hat genauer hingeschaut.
  • Jede Gemeinde freut sich über die Aufnahme in ein Dorfentwicklungsprogramm. Was machen aber die Orte, die diesbezüglich in die Röhre schauen? Michael Hillebrand hat nachgefragt.
  • Allein drei neue Pizzerien haben in Emden in diesem Jahr eröffnet oder sollen noch öffnen. Wie viele gibt es jetzt eigentlich insgesamt, und wie unterscheidet sich ihr Angebot? Mona Hanssen hat verglichen.
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