Best of 2022 Diesel kommt aus Benzin-Zapfhahn – ein teurer Fehler

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Von Vera Vogt
| 12.11.2022 18:00 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Super statt Diesel: Einmal nicht aufmerksam und schon ist es passiert. Symbolfoto: Ortgies
Super statt Diesel: Einmal nicht aufmerksam und schon ist es passiert. Symbolfoto: Ortgies
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Im Kreis Soest verwechselte ein Lasterfahrer die Kraftstoffe: Leute betankten ihre Autos falsch. Ein Horror für die, die ohnehin an der Tanke schon nervös sind. Wie oft passiert sowas?

Ob der Preisvergleich mit dem Nachbarland, der Blick auf die Preis-Kapriolen oder das falsche Tanken: Sprit war 2022 ein großes Thema. Für mich ganz persönlich umso mehr. Ich weiß nicht, ob man es dem Bericht anmerken, aber ich schaue immer und immer wieder auf den Tankstutzen „Diesel“ – klasse. Tankdeckel „Diesel“ – jap, passt. Und noch einmal auf die Säule: Welcher Preis steht da? Der Vergleich mit der Anzeigetafel, ah ja, die Säule gibt Diesel ab - perfekt. Und dann hörte ich von dem Tankdesaster im Kreis Soest und musste wissen, wie sowas passiert – und wollte es Ihnen – und unheimlich vielen Kolleg*innen, die in der Konferenz ihr persönliches Interesse anmeldeten, nicht vorenthalten.

Ostfriesland - Plötzlich bleibt das Auto liegen. Der Albtraum vieler Autofahrer ist im nordrhein-westfälischen Kreis Soest wahr geworden: Sie haben, ohne es zu wissen, Diesel statt Benzin getankt. Wie der WDR berichtet, gab es vergangene Woche eine teure Verwechslung. Aus zwei Zapfhähnen lief Diesel statt Benzin, weil der Fahrer eines Tanklasters, der für die Lieferung zuständig war, die Kraftstoffe verwechselt hatte – das hatte er später zugegeben. Mehr als 30 Autos blieben liegen. An der Tanke ist der ein oder andere ohnehin schon gestresst genug, versichert sich mehrfach, alles richtig zu machen. Und dann noch solche Meldungen. Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert?

„Das ist bei uns auch schon vorgekommen, das liegt aber schon so zehn Jahre zurück“, sagt Julian Olthoff, Betriebsleiter bei Carl Büttner & Jantzon in Leer. Das Unternehmen betreibt einige Tankstellen in Ostfriesland und beliefert Tankstellen in der ganzen Region. Heute sei ein Fehler wie er im Kreis Soest passiert ist, technisch kaum noch möglich, wenn alles auf dem aktuellen Stand sei. „Die neuen Laster haben eine Produkterkennung. Man gibt bei der Raffinerie schon an, was man einfüllen möchte“, so Olthoff.

Ruf würde geschädigt

Man schließe auch aus, dass sich der Fehler einschleicht, wenn nach einer Schicht ein anderer Fahrer den Laster übernimmt: „Auch beim Einfüllen an der Tankstelle lässt das System nicht zu, dass der falsche Kraftstoff eingefüllt wird“, sagt er. Fast alle modernen Tankstellen verfügten über dieses System, viele neue Laster ebenfalls. „Es ist vielleicht vergleichbar mit einer Klimaanlage. In neuen Modellen ist sie fast immer verbaut, kostet aber auch etwas.“ Die Technik für Laster liege zum Beispiel bei 8000 bis 10.000 Euro. „Aber der Rufschaden, wenn so ein Fehler passiert, ist kaum durch eine Summe zu beziffern“, sagt er. Die Sicherheit, die man dadurch gewinne, sei es wert.

„Wenn bei der Tankstelle falsch befüllt worden ist, ist es für den Autofahrer und die Autofahrerin kaum möglich, zu merken, dass etwas schief läuft. Außer man hat eine äußerst feine Nase. Aber bei den Gerüchen an der Tankstelle wäre das schon eine Leistung. Ich denke, ich würde es nicht merken“, sagt Olthoff. Wenn das Auto stehenbleibt, sei es dann zu spät. Dass die Motorschäden im Kreis Soest überhaupt mit der Tankstelle in Verbindung gebracht werden konnten, lag laut WDR wohl an der guten Vernetzung von Mitarbeitern mehrerer Werkstätten, die sich das untereinander erzählten. Den Schaden von insgesamt 20.000 Euro übernimmt der Tankstellen-Konzern.

So sollte man reagieren

Häufiger ist es allerdings, dass die Autofahrer selbst dafür verantwortlich sind, dass der falsche Kraftstoff im Tank landet: Der Klassiker passierte dem Fotografen dieser Zeitung. Der Dienstwagen ist ein Diesel, der Oldtimer daheim ein Benziner. Im Trott griff er in Loga zu dem sonst so häufig getankten Diesel. Glück im Unglück: Der Schrauber des Vertrauens aus Timmel konnte den Oldtimer abschleppen, bevor der Wagen angelassen wurde, denn der Fehler fiel ihm doch noch vor der Fahrt auf. Der falsche Kraftstoff wurde entfernt und der Wagen lief nur etwas unrund, überstand den Fehler allerdings.

„Eine Fehlbetankung hat grundsätzlich ungute Folgen. Mindestens bleibt der Motor stehen und bei modernen Dieselfahrzeugen kann auch die empfindliche Einspritzanlage kostspieligen Schaden nehmen“, teilt der ADAC mit. Prinzipiell gilt: Sofort den Tankvorgang stoppen, den Motor nicht mehr starten und auch die Zündung auslassen. „Bei modernen Autos wird oft bereits beim Öffnen der Fahrzeugtür – spätestens beim Einschalten der Zündung – die empfindliche Kraftstoffpumpe der Einspritzanlage aktiviert.“

Diesel statt Benzin oder umgekehrt: Das ist schlimmer

Benzin statt Diesel getankt: Laut ADAC genügt unter Umständen das Abpumpen des Benzin-Diesel-Gemisches aus dem Tank, wenn man weder Motor noch Zündung gestartet habe. Ist der Motor jedoch schon gelaufen, kann ein Austausch des gesamten Einspritzsystems einschließlich Hochdruckpumpe, Injektoren, Kraftstoffleitungen und Tank erforderlich sein. Das könne mehrere Tausend Euro kosten.

Diesel statt Benzin getankt: Auch bei kleinen getankten Mengen, sollte man den Motor laut ADAC gar nicht erst anlassen. Wenn man den Fehler erst während der Fahrt bemerke, solle man sofort anhalten und den Motor ausschalten. Wenn man keine Hinweise in der Betriebsanleitung finde, solle man die Werkstatt des Fahrzeugherstellers anrufen. „Je nach Motor und Menge des falschen Kraftstoffs können Sie entweder vorsichtig weiter fahren – und immer wieder richtigen Sprit nachtanken – oder aber Sie müssen den Tank leer pumpen lassen.“ Schäden seien nicht auszuschließen. „Eine Fehlbetankung mit Diesel kommt in der Praxis aber nur selten vor. Denn die Diesel-Zapfpistolen an Tankstellen haben einen größeren Durchmesser als die Tanköffnung bei Autos mit Ottomotor. Eine Verwechslung ist daher nur bei wenigen Fahrzeugen möglich.“ Das weiß unser Fotograf am besten.

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