Was Sie heute wissen müssen Fischer vor dem Aus | Klinik wird bestreikt | Wind-Geld für Gemeinden

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 13.03.2023 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Fischerei und Schiffsbau waren mal der Stolz von Ostfriesland. Waren, denn Werften fristen nur noch ein Nischendasein, und jetzt scheint es auch den Resten der ohnehin geschrumpften Fischereiflotte an den Kragen zu gehen. Bedroht sind sie wegen der Pläne der EU-Kommission für eine nachhaltigere Fischerei, die bis spätestens 2030 verbieten sollen, mit Grundschleppnetzen – also Netzen, die den Meeresgrund berühren – in Schutzgebieten zu fangen. Das Wattenmeer ist Schutzgebiet und Krabbenfischerei ohne Grundschleppnetze nicht machbar.

„Ich brauche ja gar nicht großartig erzählen, worum es geht. Es geht um unsere Existenz und um den Bestand unseres Berufszweigs“, sagte Gerold Conradi, einer der Sprecher der Greetsieler Fischer, am Freitag bei einem Krisentreffen im Feuerwehrhaus. Wenn die neue EU-Regel tatsächlich beschlossen wird, bleiben aus Sicht der ostfriesischen Fischer kaum noch Fanggebiete, in denen Krabbenfischerei betrieben werden kann. „Wir fischen sehr schonend und berühren den Boden nur“, erklärt Conradi. Es gebe Studien, die bewiesen, dass von der Fischerei kein großer Schaden im Wattenmeer ausgehe. Andererseits würden Flussmündungen ausgebaggert und Windrad-Fundamente in den Meeresboden gerammt. Auswirkungen hätte ein Aus auch auf den Tourismus, befürchtete unter anderem Bürgermeisterin Hilke Looden. Hannah Weiden berichtet.

Mit der Protestveranstaltung nicht genug. Nun hoffen die Fischer auf die Unterstützung von Politik und Öffentlichkeit. Seit dem Wochenende prangt im Greetsieler Hafen ein schwarzes Kreuz. Dieser stille Protest soll erst der Anfang sein, erklärte Conradi am Sonntag Reporter Claus Hock. Am 16. März soll es ein Treffen mit dem Umweltministerium geben, und beim Nautischen Essen am Freitag in Emden suchte Conradi das Gespräch mit Landes-Umweltminister Olaf Lies. „Er zeigte viel Verständnis für unsere Situation und wolle sich einsetzen“, so Conradi. Fest steht schon jetzt, dass sich viele hiesige Fischer am 23. März an einer großen Demonstration im schleswig-holsteinischen Büsum beteiligen wollen, wo die Agrarminister tagen.

Apropos Nautisches Essen. Zum zweiten Mal (nach dem Kaufmannswahl) musste Claus Hock seinen schwarzen Hoodie gegen einen schwarzen Anzug tauschen. Ich hätte ihn ja gerne unterstützt, wollte aber die vorwiegend älteren Herren nicht mit meinen Erkältungsbakterien gefährden. Als fast schon Stammgast im Klub zum guten Endzweck hat Claus alles Wissenswerte zusammengefasst. Bemerkenswert war die Behauptung von Hauptredner Minister Lies: „Alles, was wir heute sagen und fordern, kann umgesetzt werden.“ Und die Antwort von OB Tim Kruithoff vor dem Nachtisch: „Dabei hätte die rote Grütze doch viel besser zum Hauptredner gepasst! Nur der Farbe wegen natürlich!“

Und noch einmal Claus Hock: Er unterhielt sich mit dem Emder Tierarzt Dr. Thomas Dirks, der vier Tage mit einer Hilfsgruppe in der Türkei war. Er half unter anderem in der fast völlig zerstörten Stadt Antakya. Zelte und Generatoren, Heizgeräte, ein Tier-Feldlazarett sowie Medikamente für mehr als 4000 Euro und weitere Ausrüstung für die Versorgung von Tieren hatten die Unterstützer dabei, finanziert vom Deutschen Tierschutzbund. „Allein die Fahrt war schon abenteuerlich“, erinnert sich Dirks. Nicht jeder Grenzübertritt klappte wie geplant, insgesamt waren die Helfer 60 Stunden ohne Übernachtung unterwegs. „All das hat Zeit gekostet und an den Nerven gezehrt.“ Auch vor Ort waren die Zustände extrem schwierig. „Es war wirklich erschütternd zu sehen, was ein Erdbeben anrichten kann“, berichtet Dirks, der schon im Ahrtal auf Hilfsmission war.

Der Arbeitskampf im Öffentlichen Dienst weitet sich aus. Für morgigen Dienstag ruft die Dienstleistungsgesellschaft Verdi zu Warnstreiks in den Kliniken Aurich, Emden und Norden sowie der Klinikservicegesellschaft Ane auf. Die Positionen der Tarifpartner sind weit voneinander entfernt. Die Arbeitgeber bieten insgesamt fünf Prozent mehr Lohn in zwei Stufen plus Einmalzahlungen, Verdi fordert nur für dieses Jahr 10,5 Prozent mehr Geld – „und mindestens 500 Euro, damit Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen nicht trotz Lohnerhöhung Reallohnverluste haben“. Heute schon wird der Flughafen Bremen bestreikt. Carmen Leonhard und ich wollten eigentlich mittags mit dem Flieger zu einer Tagung in Graz. Nun müssen wir um 5 Uhr los, um mit der Bahn erst mal nach Frankfurt zu fahren.

Die Energiewende läuft - mal besser, mal schlechter. Schon jetzt drehen sich auf der ostfriesischen Halbinsel aktuell 1259 Windräder. Und 27 sind gerade in Planung. Wie jeder weiß, steigt die Akzeptanz der Anlagen, wenn die Menschen vor Ort an den erzielten Profiten teilhaben. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert, in dem er beschloss, dass 90 Prozent der Steuern an die Standortkommunen gehen. Imke Oltmanns hat an zwei Beispiel-Kommunen im Landkreis Wittmund recherchiert, wie hoch die Einnahmen tatsächlich sind.

Nur zweite Wahl bei der alternativen Stromerzeugung sind im windreichen Ostfriesland großflächige Photovoltaik-Anlagen. In der Stadt Weener gibt es allerdings ein großes Potenzial an Flächen für Freiland-PV-Anlagen. Investoren können ohne viel Bürokratie loslegen. Was gut fürs Klima ist, schürt bei Landwirten Ängste. Nach den gesetzlichen Vorgaben können in Weener auf einer Fläche von 38 Hektar PV-Anlagen gebaut werden. Dazu könnten links und rechts der A 31 auf einer Fläche von 274 Hektar solche Anlagen ohne Bauleitplanung errichtet werden. Die Landwirte haben große Bedenken wegen des Flächenverbrauchs: „Unser Dorf ist schon jetzt durch die Autobahn geteilt, wenn jetzt auch noch die Hälfte unter Glas kommt, wächst der Druck.“ Tatjana Gettkowski berichtet über den Konflikt.

Vera Vogt war zu Besuch in Winschoten, der nächstgrößeren Stadt nach der niederländischen Grenze. Sie wollte herausfinden, was die Einkaufsstadt für Ostfriesen so attraktiv macht. Ja, auch dort gibt es Leerstände, vor allem abseits der Haupteinkaufsstraßen, aber auch viele attraktive Läden und Cafés, insgesamt einen interessanten Mix, hat Vera festgestellt. Wenn Sie sie auf ihrem Bummel begleiten möchten, dann klicken Sie hier.

Was heute wichtig wird:

  • Eigentlich war alles klar: Die Stadt Leer hat die Kindergärten abgegeben. Einen Weg zurück gibt es nicht, hatte Landrat Groote gesagt. Nun gibt es aber andere Signale aus dem Kreishaus, berichtet Katja Mielcarek.
  • In den Jemgumer Gemeindefinanzen tauchen in den kommenden Jahren Millionen-Einnahmen vom Gasriesen Astora auf. Wie sicher ist das? Vera Vogt hat nachgefragt.
  • Zwei Traktorfahrer sind im Februar in Ostfriesland schwer verunglückt, einer von ihnen tödlich. Marion Luppen beleuchtet die besonderen Gefahren für und durch landwirtschaftliche Fahrzeuge.
  • Viele Urlauber rätseln darüber, warum das Trinkwasser auf Norderney eine blassgelbe Färbung hat. Gabriele Boschbach lüftet das Geheimnis und erkundigt sich nach der Qualität des Wassers.
  • Ein 35-jähriger Auricher soll einem Kumpel Amphetamine ins Getränk gemischt haben. Prompt geriet der in eine Verkehrskontrolle und wurde belangt. Nun steht der 35-Jährige wegen Körperverletzung vor Gericht.
  • Hat es sich ausgestreikt? Nachdem der letzte Fridays-for-Future-Protest in Emden erneut weniger Teilnehmer angezogen hat, hat Claus Hock mit dem kleinen Organisationsteam gesprochen.
  • Die Gemeinde Hinte plant für die Zukunft. Sie will ein Nachhaltigkeitskonzept erarbeiten. Was das soll und was das konkret bedeutet, hat Hannah Weiden recherchiert.
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