Was Sie heute wissen müssen Tempo 30 überall? | Alles falsch beim Wolf? | Keine Funklöcher mehr?

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 29.03.2023 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Wir wissen noch nicht, was der Koalitionsausschuss in Berlin nach zwei Tagen intensiver Klausur beschlossen hat. Wir wissen nur, dass die Beteiligten aus SPD, Grünen und FDP überzeugt sind, ihnen sei ein großer Wurf gelungen. Was auch sonst. Es ging um die Klimakrise, um die Bürokratie und im weitesten Sinne um Verkehr. Schiene und Straße. Es mag ein Zufall sein, dass Landeswirtschaftsminister Olaf Lies - bis Berlin hat er es noch nicht geschafft - nun verkündete, den Ausbau von Tempo 30 in den Städten zu erleichtern.

Bislang ist der Spielraum der Verwaltung beim Ausweisen von Tempo-30-Strecken recht eng. Es müssen besondere Orte sein wie Gefahrenstellen an Kitas und Schulen, und auch dann sei der betroffene Bereich flächenmäßig arg begrenzt. Das soll sich nun ändern. „Unser Ziel ist es, mehr Tempo 30 möglich zu machen. Alles andere ist nicht mehr zeitgemäß“, so Lies in einem Interview. In Emden freut man sich darüber. Gemeinsam mit bundesweit rund 600 weiteren Städten engagiert sich die Hafenstadt in der Initiative „Lebenswerte Städte für angemessene Geschwindigkeiten“. Und was sagt der ADAC? Oliver Bär berichtet.

Die EWE ist ein Energieversorger, der bis heute zu drei Vierteln Kommunen gehört. Er ist also in besonderer Weise uns Bürgern verpflichtet. Wenn ein solches Unternehmen Geld ausgibt für Sponsoring, dann sollte auch was dabei herausspringen. Immerhin mit 50 Millionen Euro finanzierte die EWE über bald zehn Jahre das Forschungsinstitut „Next Energy“ an der Uni Oldenburg. Klingt naheliegend, doch über den Nutzen des Investments lässt sich offenbar streiten, wie Andreas Ellinger herausgefunden hat, nachdem ihm das Protokoll einer Aufsichtsratssitzung zugespielt wurde. Einer hat auf jeden Fall profitiert: Der EWE-Vorstandsvorsitzende und Initiator von „Next Energy“ Dr. Werner Brinker wurde 2015 nach seinem Ausscheiden Honorarprofessor an der Uni Oldenburg. (Dass wir die Informationen über die EWE-Spenden bekommen haben, geht übrigens auf eine erfolgreiche Klage der Tageszeitung Taz zurück, laut der die EWE die gleichen Auskünfte geben muss wie eine Behörde.)

Drunter und drüber geht es auch am Auricher Landgericht, beim Prozess um die Drogenplantage im Wiesmoorer Autohaus von Christian Rademacher-Jelten. Am jüngsten Verhandlungstag fiel ein Prozessbeobachter negativ auf, ein Angehöriger eines Angeklagten. Im Dezember schon war er verwarnt worden, weil er angeblich Zeugen beeinflussen wollte, nun wurde bei ihm ein Papier aus einer polizeilichen Ermittlungsakte gefunden. Woher er’s hat, blieb unklar. Klarer sieht hingegen ein Zeuge, der seine ursprüngliche Aussage widerrief. Daniel Noglik verlebte wieder mal einen spannenden Tag vor Gericht.

Soziale Netzwerke sind eine der Plagen unserer Zeit. Der gesetzgeberische Geburtsfehler bei Facebook & Co. ist, dass sie ungehemmt Lügen verbreiten dürfen - im Unterschied zu seriösen Medien. Gerade bei Streitthemen wie dem Wolf verbreiten sich „Fake News“ schneller als ein Waldbrand im spanischen Nadelwald. Beispiel? Der Angriff eines Wolfs auf vier Pferde in der Gemeinde Hinte wurde in vielen Variationen kommuniziert. Viele, von denen nur eine richtig ist. Und beim Titel „Bluttag! Das Gemetzel geht weiter!“ ist klar, woher der Wind fehlt. Claus Hock hat sich die Mühe gemacht, die Falschmeldungen nachzuvollziehen. Und die Moral der Geschichte: Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen!

Gestern entschied die EU-Kommission, dass Autos mit Verbrennermotoren nur noch bis 2035 hergestellt werden dürfen. Wenn ab dann nur noch E-Autos verkauft werden, gibt es einiges zu regeln. Zum Beispiel für E-Auto-Fahrer, die Fähren benutzen. Eine norwegische Reederei hat Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge von ihren Schiffen verbannt – zu groß sei die Brandgefahr durch Batterien. E-Autos brennen zwar nicht öfter als konventionelle Verbrenner, aber wenn sie brennen, ist das Löschen deutlich schwieriger. Und wie stehen die ostfriesischen Insel-Reeder zu dem Thema? Daniel Noglik hat nachgefragt.

Bleiben wir beim Thema regenerative Energien. Dass Wasserstoff zu schade ist, um normale Autos anzutreiben, ist unstreitig. Anders sieht das bei Lastwagen aus. Einzelhandelskonzern Bünting plant deshalb den Umbau der kompletten LKW-Flotte. Die erste Voraussetzung dafür ist geschaffen. Kraftstoffhändler Score mietet ein Grundstück im Gewerbegebiet Nortmoor des Handelsunternehmens an und installiert langfristig eine Wasserstofftankstelle. „Wir sind uns unserer Verantwortung bei der Energiewende bewusst und gestalten sie aktiv mit. Wasserstoff wird für schwere Fahrzeuge eine zentrale Rolle spielen“, schreibt Score-Geschäftsführer Thomas Ehrlich. Nikola Nording berichtet über die Zukunftsinvestition.

Apropos Zukunft: Ärgern Sie sich auch, wenn Sie in Ostfriesland unterwegs sind und Telefongespräche wegen Funklöchern unterbrochen werden? Das Mobilfunknetz zum Beispiel im Landkreis Aurich ist löchrig wie ein Schweizer Käse. Das weiß jeder, der auf dem Weg von Großefehn nach Norddeich oder von Greetsiel nach Plaggenburg telefonieren will. Mit Messgeräten in den Müllfahrzeugen werden seit vorigem Herbst diese Funklöcher präzise vermessen. Schon jetzt „haben sich bereits einige Versorgungslücken herauskristallisiert, die damit jetzt bestätigt und offiziell dokumentiert sind“, antwortet die Kreisverwaltung auf Anfrage von Marion Luppen. Hoffen wir, dass die Funklöcher dann auch tatsächlich gestopft werden.

Die Krabbenfischer stehen im Blickpunkt, seit bekannt wurde, dass die EU ihnen mit einer neuen Verordnung die Existenzgrundlage nehmen könnte. Wie viele Krabben werden eigentlich in Ostfriesland gefischt? Claus Hock hat sich die Daten angeschaut. Einfache Antwort: Nicht so viel. In Greetsiel, dem mit Abstand wichtigsten Hafen, beträgt die Fangmenge mit knapp 900 Tonnen nur rund ein Drittel der des schleswig-holsteinischen Büsums. Noch mehr Zahlen? Zwischen Ostfriesland und Cuxhaven gibt es nur noch 99 aktive Kutter.

Normal? Was heißt schon normal? Sagen wir also besser, die Mehrheit der Menschen in unserem Land lebt monogam (behaupte ich jetzt mal). Es gibt aber auch Menschen, die leben polyamor, fühlen sich also zu mehreren Menschen gleichzeitig hingezogen und führen mit ihnen Beziehungen. Bodo Klimpel aus der Krummhörn ist einer von ihnen. Es hat lange gedauert, bis er sich mit seiner Neigung auseinandersetzen konnte. „Ich dachte, das muss ja verkehrt sein, das ist eine Sünde und nicht in Ordnung.“ Heute lebt er seine Polyamorie offen und ohne Scham. Rieke Heinig hat sich für unsere Serie „Ostfriesland intim“ mit ihm unterhalten.

Und zum Schluss noch ein Blick hinter ganz andere Kulissen: Der Militärflughafen in Wittmund ist die derzeit größte Baustelle der Luftwaffe. Für rund 700 Millionen Euro soll hier bis Anfang 2025 der modernste Flughafen der Bundeswehr entstehen. Manfred Hochmann durfte sich umschauen. Fünf der zehn Shelter („Garagen“ für die Eurofighter) sind schon erneuert. Weit aufgebaut ist auch die erste neue Luftfahrzeug-Instandsetzungshalle (eine zweite wird folgen). Erneuert sind schon fast sämtliche Ab-, Trink- und Löschwasseranlagen. Das neue IT-Dienstgebäude kann sogar schon bald bezogen werden.

Was heute wichtig wird:

  • Auf Borkum wurde beim Umwelttag wieder angeschwemmter Müll von der „MSC Zoe“ gefunden. Der Frachter war 2019 in der Deutschen Bucht havariert. Ob das auch auf anderen Inseln passiert, fragt Nikola Nording.
  • Eine Erhebung behauptet, dass die Stadt Leer hervorragend abschneide beim Ausbau von Solarenergie. Doch, stimmt das tatsächlich? Das wollte Michael Kierstein wissen.
  • Der kultige Buttermilchbrei aus der Molkerei in Detern stand vor dem Aus. Doch seit Februar läuft die Produktion wieder. Tobias Rümmele erklärt, was dahinter steckt.
  • Bauchrednerin Anja Rickerts aus Stedesdorf spricht mit Puppen. Die dürfen Dinge sagen, über die eine erwachsene Frau vermutlich besser zweimal nachdenkt. Susanne Ullrich unterhält sich mit ihnen.
  • Für Karina Schaefer sind der Klimawandel und der Umgang damit ein Herzensthema - jetzt organisiert sie ein Bildungsangebot zum Thema Klimawandel - im Auftrag der Bundesregierung. Nicole Böning berichtet.
  • Margritt Kubik-Harms ist die gute Seele des Gulfhofs Ihnen in Engerhafe. Sie hat aus dem alten Bauernhof eine Pilgerstätte für Folk-Fans aus dem In- und Ausland gemacht. Nun hört sie auf. Günther Niet trifft sie.
  • Die Polizeiinspektion Leer/Emden stellt die Kriminalstatistik für die Stadt Emden vor. Welche Taten haben sich im vergangenen Jahr gehäuft? Was bereitet Sorgen, was hat sich verbessert? Mona Hanssen berichtet.
  • Mit Technikchef Peter Kurzak ist der letzte „Mann der ersten Stunde“ aus dem Vorstand des Fördervereins Van-Ameren-Bad ausgeschieden. Heiko Müller spricht mit ihm über das modellhafte Bürgerbad.
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