Neues Konzept So wollen BBS-Schüler aus Leer Mobbing vorbeugen

| | 30.11.2023 17:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Natascha Henkys (sitzend von links), Jaarste Meenen, Zoe-Luisa Saathoff (stehend von links), Jule Brinkmann, Fabian-René Sonnenschein, Tomke Martens und Sebastian Dänekamp (nicht auf dem Bild) sind Teil des Mobbing-Präventions-Teams. Das Konzept erarbeitet haben die Studentinnen Janneke Berends und Anna Battermann. Foto: Bothe
Natascha Henkys (sitzend von links), Jaarste Meenen, Zoe-Luisa Saathoff (stehend von links), Jule Brinkmann, Fabian-René Sonnenschein, Tomke Martens und Sebastian Dänekamp (nicht auf dem Bild) sind Teil des Mobbing-Präventions-Teams. Das Konzept erarbeitet haben die Studentinnen Janneke Berends und Anna Battermann. Foto: Bothe
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Immer wieder kommt es an Schulen zu Mobbing – auch in Ostfriesland. An den Berufsbildenden Schulen I in Leer wollen junge Menschen dagegen vorgehen, indem sie aufklären und Opfern helfen.

Leer - Sehr persönliche Bilder werden in sozialen Netzwerken geteilt, auf dem Schulhof wird man ausgrenzt, manchmal wird man sogar Opfer von Gewalt. Mobbing kann sehr vielschichtig sein. Eine Pisa-Studie der OECD geht davon aus, dass in Deutschland jeder sechste Schüler schon von Mobbing betroffen war. Konkrete Zahlen für Niedersachsen gibt es nicht. Die Landesregierung hatte im Mai eingeräumt, Daten etwa zu Gewalt und Mobbing an Schulen nicht eigenständig zu erheben.

Viele Schulen verfügen bereits über sogenannte Mobbing-Interventions-Teams (MIT), die aus Lehrkräften oder Sozialarbeitern bestehen. An den Berufsbildenden Schulen (BBS) I in Leer mit ihren knapp 2600 Schülern begegnet man dem Mobbing jetzt auf einem weiteren Weg. Seit Beginn des Schuljahres gibt es dort ein Mobbing-Präventions-Team (MPT). Wir erklären, was dahintersteckt.

Die Idee

„Das Besondere an dem Konzept ist, dass Schüler für Schüler da sind“, erklärt Beratungslehrer Alf Kluge. „Wir wollten es nicht so aufbauen, dass Lehrkräfte oder Studierende zuständig sind.“ Das MPT ist ein Projekt, das Janneke Berends und Anna Battermann in Kooperation mit Kluge entwickelt haben. Sie studieren Soziale Arbeit an der Hochschule Emden/Leer. Teil des Studiums ist es, ein Projekt zu planen und selbstständig durchzuführen. Gemeinsam mit Alf Kluge haben sie überlegt, wie man es umsetzen könnte, was die Schülerinnen und Schüler des MPT wissen müssen und wie man sie vorbereitet. Los ging es im Sommer 2022. Im März 2023 begannen die Schulungen der Teilnehmer und Anfang des Schuljahres hat das Team die Arbeit aufgenommen. „Das Alleinstellungsmerkmal des Projektes ist, dass es Schüler machen“, betont Berends. Es solle vorhandene Strukturen ergänzen.

Der stellvertretende Schulleiter Hendrik Banneke (von links), Lehrer Christian Kirschstein, Zoe-Luisa Saathoff, Jule Brinkmann, Fabian-René Sonnenschein, Natascha Henkys, Jaarste Meenen, Tomke Martens, Beratungslehrer Alf Kluge sowie die Studentinnen Janneke Berends und Anna Battermann stellten das Konzept vor. Foto: Bothe
Der stellvertretende Schulleiter Hendrik Banneke (von links), Lehrer Christian Kirschstein, Zoe-Luisa Saathoff, Jule Brinkmann, Fabian-René Sonnenschein, Natascha Henkys, Jaarste Meenen, Tomke Martens, Beratungslehrer Alf Kluge sowie die Studentinnen Janneke Berends und Anna Battermann stellten das Konzept vor. Foto: Bothe

Das Team

Sieben Schülerinnen und Schüler machen zu Beginn beim Mobbing-Präventions-Team mit: Jaarste Meenen (20 Jahre alt), Natascha Henkys (19), Zoe-Luisa Saathoff (20), Fabian-René Sonnenschein (26), Jule Brinkmann (20), Sebastian Dänekamp (20, alle Fachschule Heilerziehungspflege) sowie Tomke Martens (21, Fachschule Sozialpädagogik). „Ich fand das Konzept – von Schüler zu Schüler – richtig toll“, sagt Jule Brinkmann. „Ich denke, dass man mit dem Präventionsteam nur Gutes leisten kann.“ Natürlich mache man sich zusätzliche Arbeit oder werde selbst zur Zielscheibe, „aber das Gute überwiegt“. Andere haben entweder über ihre Geschwister oder auch schon selbst Mobbing erlebt. „Hier mitzumachen und Mobbing zu verhindern ist etwas, worauf man stolz sein kann“, sagt Tomke Martens. Jedes Jahr sollen vom bestehenden Team dann neue Schüler aus weiteren Klassen ausgebildet werden. „Es soll ein fortlaufender Prozess sein“, betont Brinkmann.

Die Umsetzung

Nach den Schulungen der Teammitglieder zum Thema Mobbing und auch zur richtigen Gesprächsführung mit Betroffenen haben die Besuche in den Klassen begonnen. Diese dienen der Prävention. „Wir wollen vorher aktiv werden“, betont Alf Kluge. „Wir wollen es nicht so weit kommen lassen, dass Schüler Suizidgedanken entwickeln.“ Dabei sei wichtig darüber zu informieren, was überhaupt Mobbing ist. „Die Lehrkräfte können sich außerdem melden, wenn sie Aufklärung über Mobbing in ihren Klassen wollen oder wenn sie Mobbing mitbekommen“, sagt Battermann. Darüber hinaus wurde ein Raum für das Team zur Verfügung gestellt, ein E-Mail-Postfach eingerichtet und ein Briefkasten aufgehängt. Sollte sich jemand melden, würden sich zwei aus dem Team mit der Person zusammensetzen und über das Thema sprechen.

„Das Team wird dabei nicht alleingelassen“, betont Alf Kluge. Das erste Gespräch mache das Team unter Wahrung der Schweigepflicht, schaue sich an, was es für ein Fall sei. Gemeinsam mit ihm und Sozialarbeitern werde dann geschaut, ob die Schüler es selbst bearbeiten können. Dann könne es sein, dass der Täter zu einem Gespräch eingeladen werden. „Wir machen aber nichts, was die betroffene Person nicht möchte“, erklärt Brinkmann.

„Wenn es wirklich massiv ist, kann es auch sein, dass die Schulleitung einbezogen werden muss“, betont Beratungslehrer Kluge. Sollte es sogar strafrechtlich relevant sein, müsse die Schule es auch melden, sagt der stellvertretende Schulleiter Hendrik Banneke. Außerdem seien dann Ordnungsmaßnahmen notwendig. „Das kommt schon ein paar Mal im Jahr vor“, sagt Banneke. Aber es gebe noch ein ungleich größeres Dunkelfeld. „Wir versuchen diesen dunklen Bereich mit Licht auszufüllen“, sagt Kluge.

Die Reaktion

Sowohl Schulleitung als auch Förderverein seien ganz angetan gewesen von dem Projekt und hätten gleich ihre Unterstützung zugesagt, sagt Kluge. Er stehe zudem im Austausch mit Beratungslehrern an anderen Schulen. Weitere, die Interesse an dem Konzept haben, könnten sich gerne bei ihm melden.

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