Frau am Freitag Keine Frage des Alters

Petra Herterich
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Eine Kolumne von Petra Herterich
| 13.06.2025 08:56 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
Die Hände verraten das Alter – mit den Jahren treten Pigmentflecken und Adern deutlicher hervor, die Haut wird dünner. Foto: Christophe Gateau/dpa
Die Hände verraten das Alter – mit den Jahren treten Pigmentflecken und Adern deutlicher hervor, die Haut wird dünner. Foto: Christophe Gateau/dpa
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Es heißt, man ist so alt, wie man sich fühlt. Aber manchmal fühlt man sich jung - und wird trotzdem als alt eingestuft. Das sollte man nicht persönlich nehmen – es ist nur eine Frage der Perspektive.

Der Frau am Freitag ging’s in letzter Zeit nicht so gut. Sie landete sogar zweimal im Krankenhaus. Trug so ein sexy OP-Hemdchen und durfte sich in Thrombose-Strümpfe quälen. In diesem Outfit fühlte sie sich erst recht ausgeliefert und würdelos. Zu allem Elend wurde sie dann beim ersten Mal auch noch auf einer Station voller junger Frauen geparkt. Die waren zur Kinderwunschbehandlung im Krankenhaus - und eine Oma lag jetzt zwischen ihnen. Und weil die Oma einen Service hatte, den die Jungen nicht bekamen, sagte die eine: „Das bekommen nur die Alten und Pflegebedürftigen - so ab 60, 70.“ Das saß!

Klar, ich bin älter als 60, und Oma. Aber, zum Donnerwetter, wenn ich kein OP-Hemdchen und keine blöden engen Gummistrümpfe trage, und nicht gerade aus dem OP komme, sehe ich eigentlich noch ganz passabel aus. Zumindest nicht sooo alt und schon gar nicht pflegebedürftig. Finde ich.

Aber das ist wahrscheinlich nur eine Frage der Perspektive. Als ich Ende 30 war, fand mein Sohn, damals gerade in der Grundschule, mich auch schon „ziemlich alt“. Heute ist er selber schon über 30 und findet selbst 40 gar nicht mehr alt - mich aber mit meinem ü-60 irgendwie immer noch. Ich wette, spätestens wenn er Ende 50 ist, relativiert sich das auch... aber ob ich das noch erlebe?

Vielleicht haben aber die beiden jungen Frauen im Krankenhaus wirklich nur die Oma in mir gesehen – eine Frau, die schon das hatte, worum sie so hart kämpfen müssen: ein Kind. Vielleicht war es ja mehr Eifersucht als Altersdiskriminierung. Sie haben wirklich ganz schön gelitten, nicht nur wegen der Schmerzen. Da konnte eine Oma sie kaum trösten.

Beim zweiten Klinikbesuch landete ich dann im Zimmer mit einer 95-Jährigen. Sie war - sogar aus meiner Oma-Perspektive - wirklich alt und leider auch sehr pflegebedürftig. Sie musste zur Toilette gebracht werden und der Pfleger freute sich lautstark: „Oh, du hast auch Groß gemacht. Das ist ja toll.“ Solche Sätze sagt man doch eigentlich nur zu kleinen Kindern. Wieso wird man im hohen Alter plötzlich wieder wie ein Kind behandelt?

Diese Frau am Freitag ist bereit, alt zu werden. Aber nur unter Bewahrung ihrer Restwürde. Nur so kann man auch im wirklich hohen Alter noch – tapfer bleiben.

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