Berlin (dpa)

Intensivmediziner: Keiner weiß, wie sich Corona entwickelt

| 19.04.2022 07:41 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Eine Zelle (grün) ist mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2, violett) infiziert. Die Probe wurde von einem Patienten in den USA isoliert. Foto: Niaid/Europa Press/dpa
Eine Zelle (grün) ist mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2, violett) infiziert. Die Probe wurde von einem Patienten in den USA isoliert. Foto: Niaid/Europa Press/dpa
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Bundesgesundheitsminister Lauterbach warnt vor einer „Killervariante“ und wird dafür kritisiert. Intensivmediziner Kluge rechnet eher mit einer Variante, die zu einer höheren Krankheitsschwere führen wird. Die Aussage Lauterbachs findet er unpassend.

Der Leiter der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Stefan Kluge, hält die weitere Entwicklung des Coronavirus für ungewiss.

„Keine Expertin und kein Experte kann derzeit sicher sagen, welche Variante wir im Herbst bekommen“, sagte Kluge, der auch Präsidiumsmitglied der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ist, der Funke Mediengruppe. „Wir sollten aber darauf vorbereitet sein, dass noch einmal eine Variante kommen kann, die zu einer höheren Krankheitsschwere führt, als dies derzeit bei der Omikron-Variante der Fall ist.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte mit Warnungen vor einer möglichen „Killervariante“ des Coronavirus Kritik auf sich gezogen. Kluge meinte dazu: „Eine Corona-Variante als "Killervariante" zu bezeichnen, ist unpassend.“ Es gebe andere Infektionen, bei denen die Sterblichkeit deutlich höher liege als dies bei Covid-19 bisher der Fall gewesen sei. Dazu zähle etwa eine schwere bakterielle Sepsis (Blutvergiftung). „Die Variante Omikron führt derzeit zu sehr wenigen schweren Covid-19-Verläufen“, erklärte Kluge. „Wir haben aktuell bei Omikron eine Sterblichkeit von unter 0,1 Prozent, vergleichbar mit der Grippe.“

Kluge riet dazu, mit einer Kampagne zu versuchen, ungeimpfte Menschen über 60 Jahren zum Impfen gegen das Coronavirus zu bewegen. „Eine größere Grundimmunisierung in der Bevölkerung würde uns deutlich helfen. Zudem müssen die Impfstoffe fortentwickelt werden.“ Nach Daten des Robert Koch-Instituts vom Montag haben 76,1 Prozent der Menschen in Deutschland einen Grundschutz erhalten, für den in der Regel zwei Spritzen nötig sind. 59,1 Prozent haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung bekommen.

Kluge mahnte aber auch, genug Impfstoff und Corona-Tests vorzuhalten, um bei Bedarf die Impf- und Testzentren schnell wieder hochfahren zu können. „Auch die Digitalisierung muss vorangetrieben werden, in vielen Bereichen des Gesundheitswesens fehlen uns wichtige Daten“, sagte er. „Es braucht auch ausreichend Schutzmaterialien wie beispielsweise FFP2-Masken für Krankenhäuser und andere vulnerable Bereiche.“ Zudem müsse die Bundesregierung das Thema Fachkräftemangel in der Pflege, in den Gesundheitsämtern und bei den Ärzten auf dem Land stärker angehen.

© dpa-infocom, dpa:220419-99-959188/2

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