Was Sie heute wissen müssen Schlag gegen Wiesmoor-Connection | Emder Werft in Nöten | Kurswechsel für Chefkellner

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Eine Kolumne von Carmen Leonhard
| 01.06.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Manche Tage laufen so ganz anders, als man das eigentlich geplant hatte. Gestern war so ein Tag. Statt am Rechner und in Konferenzen verbrachte ich den Vormittag in Großefehn, in einer Wohnsiedlung vor einem Haus, das gerade von einer Truppe Polizisten durchsucht wurde. Nur einer von 25 Standorten in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, an denen die Ermittler nach Beweisen für einen groß angelegten Subventionsbetrug in Millionenhöhe suchten. Mein Kollege Daniel Noglik hatte bereits mehrfach über die „Wiesmoor-Connection“ berichtet. Seit Wochen recherchiert er in der Angelegenheit - und konnte gestern auf breite Unterstützung aus der Redaktion zählen, als es zum Zugriff der Einsatzkräfte kam. Einige Kollegen schwärmten zu den Einsatzorten aus, andere hielten ihnen dafür den Rücken frei. An dieser Stelle möchte ich dem ganzen Team dafür Danke sagen, dass das so reibungslos geklappt hat.

Mehr als 120 Polizisten waren an dem Schlag gegen das Wiesmoorer Firmengeflecht beteiligt. Sie rückten gestern zeitgleich um 9 Uhr bei Privat- und Geschäftshäusern an. In Ostfriesland waren die Ermittler in Aurich, Großefehn, Uplengen und Wiesmoor im Einsatz. Konkret geht es um den mutmaßlichen Betrug mit Corona-Hilfen in mindestens 363 Fällen. Im Zentrum steht die Wiesmoorer Briefkastenfirma KS Consult. Auf den Konten der mutmaßlichen Täter sollen rund sechs Millionen Euro gelandet sein. In diesem Text gibt mein Kollege Daniel Noglik einen Überblick über das Geschehen. Einer der fünf Hauptverdächtigen aus Ostfriesland: Christian Rademacher-Jelten, Unternehmer und Ex-Bürgermeisterkandidat in Wiesmoor. CRJ, wie ihn viele Wiesmoorer nennen, sorgte schon im vergangenen Jahr für Schlagzeilen, als er wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war. Das beschränkte sich allerdings auf die ostfriesische Medienlandschaft. Seit gestern ist sein Name bundesweit bekannt - auch der Spiegel berichtet über seine Rolle in dem Firmengeflecht.

Die Dimension des Falls zeigt sich auch darin, dass Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sich dazu äußerte. Eine intensive und länderübergreifende Polizeiarbeit habe in dem Verfahren zum Erfolg geführt, wird er in einer Mitteilung zitiert. „Gerade in den zurückliegenden Jahren waren pandemiebedingt viele Unternehmen und Menschen auf staatliche Hilfsprogramme angewiesen. Es ist deshalb besonders niederträchtig, wenn einzelne Menschen versuchen, diese Programme auszunutzen, um sich widerrechtlich selbst zu bereichern“, so der SPD-Politiker. „Mir ist es in diesem Zusammenhang besonders wichtig, diese Wenigen auch strafrechtlich zu verfolgen und die erlangten Gelder wieder zurückzuholen.“ Die Ermittler jedenfalls nahmen nach ihren Hausbesuchen nicht nur reichlich Papierkram, digitale Speichermedien und mobile Endgeräte zur Auswertung mit, sondern auch Bargeld und hochwertige Uhren. Insgesamt wurden Vermögensarreste in Höhe von 3,5 Millionen Euro erlassen. Wie die Hausdurchsuchungen in Ostfriesland liefen, schildern meine Kollegen und ich in diesem Text. Meine Kollegen von Ostfriesen.tv haben Marco Ellermann interviewt, den Pressesprecher der Polizeidirektion Osnabrück, der den Einsatz in Wiesmoor begleitete. Das Video können Sie hier ansehen.

Was bei den Ermittlungen der Polizei noch alles ans Tageslicht kommt, erwartet sicherlich nicht nur Daniel Noglik mit Spannung. Interessant dürfte auch werden, wie man in Wiesmoor auf das Geschehen reagiert. Wie wird die Germania mit den Verstrickungen in den Fall umgehen? Zu den Hauptverdächtigen in dem Fall gehören auch zwei 26 Jahre alte Fußballer. Bislang hatte der Verein ihnen Rückendeckung gegeben. Werden die Verantwortlichen sich heute äußern? 

Stammgast in den ostfriesischen Nachrichten ist die Werft Fosen Yard Emden, hervorgegangen aus den Nordseewerken. Nach Informationen von Heiko Müller steckt das Unternehmen offenbar in Zahlungsschwierigkeiten: Die rund 100 Mitarbeiter sollen ihre Gehälter für Mai noch nicht bekommen haben. Hier lesen Sie, was mein Emder Kollege dazu in Erfahrung bringen konnte.

Wer dieser Tage etwas Geld sparen möchte, sollte über einen Einkauf in den Real-Märkten in Emden oder Norden nachdenken. Bevor dort Ende Juni die Ladentüren für immer abgesperrt werden, läuft ein großer Ausverkauf. Mein Kollege Michael Hillebrand berichtet darüber in diesem Beitrag. Und er geht der Frage nach, was an den Supermarkt-Standorten nach dem Real-Aus geschehen wird. 

Heute fällt der Startschuss: Ab sofort kann man Busse und Bahnen im Nahverkehr für nur neun Euro im Monat nutzen. Bahner in der Region sehen dem mit Schrecken entgegen - und berichten von etlichen Strategen, die schon in den letzten Maitagen versucht haben, mit dem Spezialticket zu reisen. Nicht nur im Nahverkehr, auch im ICE trafen Zugbegleiter Fahrgäste an, die damit auf die falsche Karte gesetzt hatten und wegen Schwarzfahrens ordentlich nachzahlen durften. Auch Abzocke mit dem Ticket droht. Meine Kollegin Geertje Wehry hat mit einem Senioren gesprochen, der am Leeraner Bahnhof beim Kauf der Karte übers Ohr gehauen wurde. Hier lesen Sie ihren Artikel. Ich bin mir sicher, das Neun-Euro-Ticket wird uns in den kommenden drei Monaten noch einige Geschichten bescheren.  

Mein Kollege Gordon Päschel hat einen interessanten Mann getroffen, der mit 53 Jahren einen Neuanfang wagt. Oliver Haase war zwölf Jahre lang der Chefkellner im traditionsreichen „Klub zum guten Endzweck“ in Emden, er führte mit weißen Handschuhen bei festlichen Banketten Regie. Jetzt fängt er noch einmal von ganz vorne an: Statt Vier-Gänge-Menüs zu servieren, macht er eine Umschulung zum Triebwagenführer. Was Anlass für diesen Kurswechsel war, erzählt er in diesem Artikel.

Was heute wichtig wird:

  • Mehr Tempo-30-Zonen in Aurich? Dafür machen sich die Grünen stark. Marion Luppen verfolgt die Diskussion im Verkehrsausschuss des Stadtrats.
  • Ein Physiotherapeut aus dem Landkreis Aurich soll 2016 und 2017 Patientinnen während der Behandlung sexuell missbraucht haben. Dafür wurde er vom Amtsgericht Aurich zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. In einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht steht das Urteil nun auf dem Prüfstand. Gabriele Boschbach berichtet.
  • Die Neutorstraße in Emden wird zwischen Agterum und Rathausplatz zur Fahrradstraße umgebaut. Die Stadt informiert an diesem Mittwoch über Details der neuen Verkehrsführung. Stephanie Tomé berichtet.
  • Die Uferpromenade in Leer scheint nahezu fertig zu sein. Doch damit sind die Arbeiten nicht beendet. Es bleibt die Frage: Was passiert am Hafenkopf? Michael Kierstein hat nachgefragt.
  • Im März kam ein Bus auf private Initiative mit den ersten ukrainischen Flüchtlingen nach Friedeburg. Auf einen Schlag hatte die Schule Altes Amt rund 20 neue Schüler - ohne Deutschkenntnisse. Wie Integration hier dennoch klappt, erzählen unter anderem vier ukrainische Schülerinnen im Gespräch mit Susanne Ullrich.
  • Die Wut der Bürger trifft die Bauhofmitarbeiter beim Fällen von Bäumen in Weener. Was kann man da machen - und ist das woanders auch so? Vera Vogt fragt nach.
  • Bei öffentlichen Mülltonnen in Emden ist es häufig so, dass der Abfall nicht getrennt wird. Alles landet in der Verbrennung. „Das regt mich auf“, sagt ein JAG-Schüler - und zieht andere mit. Mona Hanssen hat sich mit den Schülern getroffen und berichtet, welche Ideen sie entwickelt haben.
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