Serie Beziehungskiste Lebenskrise mitten im Studium – Anna aus Leer braucht Hilfe

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Von Ute Nobel
| 24.01.2024 10:57 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Eine Sinnkrise kann den Alltag erschweren: Die Motivation ist weg, die Selbstzweifel nehmen zu. Symbolfoto: Pixabay
Eine Sinnkrise kann den Alltag erschweren: Die Motivation ist weg, die Selbstzweifel nehmen zu. Symbolfoto: Pixabay
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Anna fühlt sich orientierungslos, überfordert und weiß nicht mehr, ob sie auf dem richtigen Weg ist. Sie hat sich mit ihrem Problem an unsere Experten der Beziehungskiste gewendet.

Leer - In unserer Serie Beziehungskiste geben Experten Lesern und Leserinnen Rat. Heute wendet sich Anna (Name von der Redaktion geändert), 24 Jahre alt, aus dem Landkreis Leer an unser Expertenteam: „Ich befinde mich gerade in einer Art ,Quarterlife-Crisis‘. Mitten im Studium stelle ich mir die Frage, ob ich diesen Weg überhaupt weiterverfolgen möchte. Ich fühle mich orientierungslos und überfordert, kann mich nur schwer motivieren. Außerdem plagen mich vermehrt Selbstzweifel, insbesondere im Hinblick auf meine beruflichen Fähigkeiten.“

Antwort von Diplom-Sozialarbeiterin Sonja Saathoff:

Liebe Anna,

Sie beschreiben da eine Situation, in der sich derzeit sehr viele Studierende wiederfinden. In den Studierendenwerken und auch in den Hochschulen und Universitäten wird viel geforscht zu den Lebenswelten junger Menschen und diese Gefühle von Orientierungs- und Motivationslosigkeit und auch gerade die von Ihnen benannten Selbstzweifel sind aktuell mehr denn je die raumgreifenden Themen. Ihre Generation ist gebeutelt von dem Umstand, dass es nach dem Schulabschluss rausgehen sollte in die Welt und dieses durch die Corona-Pandemie und den damit verbundenen Maßnahmen empfindlich gestoppt wurde. Studienzeit bedeutet auch sich finden, die eigene Persönlichkeit entwickeln, viele neue Kontakte und Netzwerke knüpfen, die Welt und das Leben erkundschaften. Drei Jahre lang waren all diese Dinge ausgebremst – und allein im Kämmerlein oder gar noch Kinderzimmer ist das Entwickeln sozialer und lebensbezogener Kompetenzen nicht so möglich, wie es notwendig wäre. Und je weniger man mit anderen Menschen in Kontakt ist, desto weniger kann man auch die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten realistisch einschätzen.

Beziehungskiste

In unserem Leben führen wir viele Beziehungen – nicht nur mit unserem Partner oder unserer Partnerin. Wir pflegen Freundschaften mit anderen Menschen, stehen in Kontakt mit Verwandten und Bekannten, selbst mit unserem Arbeitgeber oder unserem Postboten stehen wir in gewisser Weise in einer Beziehung. So sehr wir uns auch wünschen, dass es in Beziehungen immer harmonisch läuft: In der Realität kriselt es eben doch immer mal wieder im Zusammenleben mit anderen Menschen.

Hier wollen unsere Experten in der Serie Beziehungskiste helfen. Habt ihr Fragen oder Konflikte, für die ihr einen Rat sucht? Oder benötigt ihr einen Rat für einen Freund oder eine Verwandte? Die gestellte Frage besprechen wir dann mit einem der Experten und veröffentlichen Frage und Antwort (wenn gewünscht auch anonymisiert) jeden Mittwoch in unserer Zeitung und auf unseren Webseiten. Alle Zuschriften werden selbstverständlich sensibel behandelt. Schreibt uns gerne an beziehungskiste@zgo.de oder stellt Eure Frage ganz einfach hier:

Und mit der Motivation ist es so eine Sache... wenn Sie nicht wissen, wohin es gehen soll – wofür und wie sollten Sie sich dann aufraffen und in Bewegung kommen? Manchmal – aber nur manchmal und für kurze Zeit – lässt sich Motivation gut durch Disziplin ersetzen. Aber auch dafür ist es erforderlich, das „Wofür“ zu kennen.

Ich möchte Ihnen sehr ans Herz legen, sich in dieser Situation nicht einsam zu machen! Sprechen Sie: mit Freundinnen und Freunden, mit Familie, mit KommilitonInnen. Sie haben zudem in allen Hochschulen und Universitäten Beratungseinrichtungen wie die Psychologischen/Psychosozialen Beratungsstellen und die Zentralen Studienberatungen. Sie werden dort Menschen finden, mit deren Unterstützung Sie ganz sicher Ihren ganz persönlichen guten Weg wiederfinden. Außerdem werden Sie Dozentinnen und Dozenten haben, mit denen Sie über Ihre Zweifel hinsichtlich Ihrer beruflichen Fähigkeiten sprechen können. Üblicherweise wissen diese sehr gut, wovon Sie sprechen und haben hierzu Tipps und Ideen. Hilfreich ist es auch – wenn Sie irgendwie die Möglichkeit haben – nochmal das eine oder andere Praktikum zu machen, damit Sie im Feld selber Erfahrungen sammeln können und zu einer eigenen Einschätzung finden. Auch dazu werden Sie in Ihrem Fachbereich AnsprechpartnerInnen haben, die Ihnen weiterhelfen können. Über all diese Ideen hinaus haben Sie auch die Möglichkeit, mit Ihrer Hausärztin/Ihrem Hausarzt Ihre Situation zu besprechen. Auch von der Seite kann es hilfreiche Ideen geben und selbstverständlich ist ein medizinischer Check wichtig, um mögliche körperliche Ursachen insbesondere von Motivationslosigkeit auszuschließen.

Also das meiner Meinung nach Wichtigste auch in Ihrer Situation: Sprechen Sie bitte mit anderen Menschen, teilen Sie sich mit und ganz sicher werden Sie gute Lösungen und Wege finden.

Gutes Gelingen wünscht Ihnen Sonja Saathoff

Sonja Saathoff. Foto: privat
Sonja Saathoff. Foto: privat

Sonja Saathoff lebt in der Krummhörn und ist seit mehr als 25 Jahren als Diplom-Sozialarbeiterin tätig, viele Jahre davon in der Kinder- und Jugendhilfe. Seit einigen Jahren ist sie selbstständig als systemische Therapeutin, Coach und Supervisorin und arbeitet zudem im Psychologischen Beratungsservice des Studierendenwerks Oldenburg an der Hochschule Emden-Leer. Sie freut sich, Teil dieser Serie zu sein: „Ich freue mich darüber, wenn durch diese Serie Blickwinkel erweitert und neue Ideen für besondere (zwischen-) menschliche Situationen gewonnen werden können.“

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