Was Sie heute wissen müssen

Impfpflicht nötig | Pahlke in Polen | Drehkreuz Emden

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 11.11.2021 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Ob vor einer Woche in Papenburg bei einer Klausur mit den OZ-Ressortleiterinnen und Digitalchef Timo Sager oder Anfang dieser Woche bei einem Treffen mit befreundeten Verlagen in Hamburg, es gibt nur noch ein Thema: Das sind die rasant steigenden Inzidenzwerte und – so die einhellige Meinung – die Verantwortungslosigkeit all jener, die sich immer noch nicht haben impfen lassen und somit sich und andere gefährden. Auch die meisten Leserzuschriften, die uns erreichen, drehen sich um dieses Thema. Da gibt es jene Leser, die uns auffordern, in einer OZ-Werbekampagne zum Impfen aufzurufen (was nicht geht, weil wir keine Aktivisten, sondern Berichterstatter sind). Und da sind jene, die uns beschimpfen, weil wir uns in Kommentaren immer wieder klar pro Impfen positioniert haben: „Ich hoffe und wünsche Ihnen dass Sie für solche Aussagen, genauso wie unsere aktuellen Speichelleckenden Politiker und oder Minister, irgendwann einmal gerade stehen werden und zur Beruflichen Rechenschaft gezogen werden.“ (Originalzitat)

Dabei wird verkannt, dass Impfen oder Nichtimpfen keine Frage von unterschiedlichen Meinungen ist, weil der hohe Nutzen der Impfung eine Tatsache ist und bewiesen. Heißt: Wer sich nicht impfen lässt, den wird das Virus wahrscheinlich in diesem Winter erwischen und je nach körperlicher Verfassung, Alter und sonstigen Faktoren unbehelligt lassen, ins Krankenhaus bringen oder umbringen. Und auch wenn man die Menschen in einer freiheitlichen Demokratie nicht zwingen kann, das Beste für sich zu tun, stimme ich meinem Kollegen Martin Teschke zu, wenn er in seinem Kommentar fordert, endlich die Voraussetzungen zu schaffen, eine Impfpflicht einzuführen.

Immer lauter wird auch die Forderung, bundesweit 2G einzuführen, also Ungeimpfte mehr oder weniger unverblümt aus dem öffentlichen Leben auszugrenzen. „Schrittweise“ arbeitet Niedersachsen daran, so gilt 2G ab heute für Großveranstaltungen. Was ostfriesische Gastronomen und die Behörden davon halten, hat Daniel Noglik gestern zusammengetragen.

Dabei geht es uns hier im Nordwesten ja noch gut. Auch wenn keiner weiß warum, Aurich (40) hat bundesweit die niedrigste Infektionsrate, Wittmund (50) steht richtig gut dar, und selbst Emden (74) und Leer (137) leuchten auf den überwiegend rot und dunkelrot eingefärbten Deutschlandkarten des Robert-Koch-Instituts quietschgelb. 612 Infizierte sind den Behörden aktuell in Ostfriesland bekannt.

Um Infizierte zu identifizieren, sind Schnelltests keine wirklich zuverlässige Methode. Das ist zwar lange schon bekannt, aber Zahlen der Stadt Emden belegen, dass die Fehlerquote noch viel höher ist, als zumindest ich es erwartet hätte: Von den positiven Tests in Testzentren lassen sich 73 Prozent und von den Selbsttests zu Hause auch noch 50 Prozent bei einer anschließenden PCR-Testung nicht bestätigen. Sie sind also falsch-positiv. Das kann unangenehme Folgen haben, wie Stephanie Tomé am Beispiel einer betroffenen Familie aufzeigt.

Ein anderes Aufregerthema ist gegenwärtig die Situation an der polnischen EU-Außengrenze zu Belarus. Tausende armer Leute hängen dort fest, gelockt von Versprechungen des Diktators Lukaschenko und an der Einreise gehindert von polnischem Militär und Grenzpolizei. Julian Pahlke aus Leer, für die Grünen kürzlich in den Bundestag eingezogen, war als parlamentarischer Beobachter vor Ort und schildert im Gespräch mit Daniel Noglik die furchtbaren Zustände dort. Die Geflüchteten befänden sich in einem „gefährlichen Kessel“ aus Gewalt, sumpfigen Gebieten und Minusgraden, sagt Pahlke. Von der einen Seite würden die Menschen in Richtung Polen getrieben, von der anderen Seite zurück nach Belarus. Polen steht offen dazu, die Menschen zurückzudrängen. Das verstößt nicht nur nach Pahlkes Ansicht gegen Völker- und EU-Recht.

Während der „Meerexpress“, wie diese Woche vermeldet, die Touristenverbindungen vom Flugplatz Schwarze Heide (Kreis Wesel) nach Juist und Norderney nach nur einem Sommer wieder einzustellen, entwickelt sich der Flughafen Emden zum „Drehkreuz“ (naja, fast). Von dort soll es ab Ostern jeden Tag nach Helgoland und nach Uetersen im Landkreis Pinneberg Linienverkehr geben. Allerdings wird die Luft dünner für die kleinen Flugzeuge, weil behördliche Auflagen steigen, wie Michael Hillebrand berichtet.

Eine Binsenweisheit bei Zeitungsleuten ist: Kinder und Tiere gehen immer. Darum für einen versöhnlichen Einstieg in diesen mutmaßlich wieder eher grauen Novembertag ein paar Lichtblicke: Die Zahl der Seehunde hat sich im Wattenmeer in den vergangenen 30 Jahren verfünffacht und ist damit auf dem Stand von vor 120 Jahren, wie Nicole Böning für die Serie „Land am Meer“ recherchiert hat. Und gestern, am Martinstag, ersangen sich überall in Ostfriesland Kinder mit mehr oder weniger wohlklingenden Liedern wieder Süßigkeiten. Kristina Groeneveld aus der Onlineredaktion bat unsere Leser gestern Abend um Fotos und baute daraus eine Bildergalerie zusammen. Süß, würde Krissi sagen.

Was heute wichtig wird:

  • Der Hafenkopf in Leer soll bebaut werden. Die Planungen laufen schon seit Jahren. Doch wann gehen die Bauarbeiten eigentlich wirklich los? Dieser Frage ist Nikola Nording nachgegangen.
  • Das Gymnasium Ulricianum in Aurich sperrt in Absprache mit der Polizei und dem Landkreis den Schulhof als Schleichweg zur Sparkassen-Arena, weil dort zu viele Fremde herumlungern. Marion Luppen berichtet.
  • Spie ist der Nachfolger des Wiesmoorer Unternehmens Bohlen & Doyen. Ole Cordsen traf sich mit den Verantwortlichen von Spie. Wie hat sich das Unternehmen nach Aufspaltung und Teilverkäufen entwickelt?
  • Der Niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne kommt nach Ostfriesland und besucht unter anderem Jennelt. Was können solche Besuche tatsächlich bewirken, und welche Erwartungen sind damit verknüpft? Michael Hillebrand hat nachgefragt.
  • Die Inzidenzen steigen, Impfungen sind das Gebot dieser Tage: In Emden steht das Impfmobil regelmäßig in der Innenstadt und hat offenbar einen hohen Zulauf. Heiko Müller zieht eine Zwischenbilanz.
  • Die Therme in Bad Neuschanz ist auch bei Ostfriesen beliebt. Wie sich die Besucherzahlen in der Pandemie entwickelt haben und warum in die Saunalandschaft investiert wurde, berichtet Tatjana Gettkowski.

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