Was Sie heute wissen müssen Schwierige Schuhbranche | Schwierige Verkehrssituation | Chancen für Second Hand

Joachim Braun
|
Eine Kolumne von Joachim Braun
| 18.10.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
Artikel hören:
Artikel teilen:

Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Ich gebe zu, ich habe einen Schuhtick. Ich habe viele Schuhe, schöne Schuhe, bequeme, hochwertige, solche, die mich schon seit Jahrzehnten begleiten und solche, bei denen meine Kollegen im Verlag mich bestenfalls kopfschüttelnd anschauen, manchmal auch irritiert. Bei Schuhen bin ich Spontankäufer. Umso mehr sorgt es mich, dass nicht nur, aber auch bei uns auf dem Land immer mehr Schuhgeschäfte verschwinden. Zu wenig Umsätze, zu wenig Personal, keine Nachfolger, die Gründe sind vielfältig. 1872 hatte sich in Aurich der Schuhmacher Harm Bockstiegel selbstständig gemacht. Über mehrere Generationen wuchs und gedieh das Unternehmen, gründete Filialen in Emden und Leer. Nach 150 Jahren schließt nun „Bockstiegel“ in bester Lage der Leeraner Fußgängerzone. Gabi Boschbach, die, so glaube ich, ebenfalls einen Schuhtick hat, sprach mit dem Inhaber-Paar Uphoff über den Schuhmarkt und die Gründe der Schließung.

Aber nicht nur der Schuhhandel hat’s schwer, auch der stationäre Einzelhandel schlechthin. „Neben dem allgemeinen Trend zum Online-Handel, der durch die Corona-Pandemie noch befeuert wurde, führen nun die steigenden Energiepreise in zweifacher Hinsicht zu einer Verschärfung der Lage“, berichtet Jörg Thoma, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands für Ostfriesland, auf Anfrage von Andreas Ellinger. Teilweise hätten sich die Kosten versechs- bis verzehnfacht. Da sich auch die Kunden mit teurer Energie konfrontiert sähen, könnten die höheren Kosten aber „kaum auf die Waren umgelegt“ werden – weil sie sonst womöglich nicht mehr verkäuflich seien. Gefordert werden nun staatliche Hilfen.

Es sind Corona und die Energiekrise, nicht die katastrophale Verkehrssituation in Leer, die dem Einzelhandel das Leben schwer macht. Eine Besserung bei der größten Baustelle, dem Stadtring, ist weiter nicht in Sicht. Im Gegenteil. Der Termin Gallimarkt wurde nicht gehalten und die gestrige Ankündigung „Ende Oktober“ ist auch eher vage, da abhängig vom Wetter. Wie es weiter geht, ob vielleicht eine halbseitige Aufhebung der Vollsperrung möglich ist und was für Radfahrer geplant ist, darüber berichtet Michael Kierstein.

Wir alle stehen wegen des möglichen Gasmangels vor einem harten Winter. Die Medien, auch unsere Zeitung, sind voll mit gut gemeinten Energiespar-Tipps. Bei den Schulen kollidieren die aber mit den Corona-Vorsorgemaßnahmen. Um knapp 30 Prozent war der Gasverbrauch in den Schulen des Landkreises Leer während der Pandemie gestiegen - wegen der Vorschrift des ständigen Stoßlüftens. Und nun? Es gelte „die Faustregel: mindestens zur Hälfte einer Unterrichtsstunde für zirka fünf Minuten Stoß- oder Querlüftung“, heißt es im Corona-Konzept des Niedersächsischen Kultusministeriums. „Zudem muss vor Unterrichtsbeginn und in den Pausen gelüftet werden.“ Eine Alternative scheint es dazu nicht zu geben, wie Tobias Rümmele schreibt. Die Chance, leistungsfähige Raumluftreiniger anzuschaffen, hat der Landkreis Leer verpasst. Dabei hatte das neben dem heutigen GEW-Landesvorsitzenden Stefan Störmer aus Leer auch mein Kollege Andreas Ellinger vielfach gefordert.

Mit den Energiepreisen und den corona- und kriegsbedingten Lieferketten-Problemen steigen auch die Baupreise. Das trifft Kommunen, private Bauherren und Investoren. Drei Beispiele dafür, wie geplante und längst durchfinanzierte Projekte in Emden ins Stocken geraten sind, beschreibt Mona Hanssen. Die Folgen könnten gravierend sein. Insbesondere bei der Schule Nord, die von der Stadt bis zum Abschluss des Kaufvertrags in Schuss gehalten werden müsse, bedeute das ein finanzielles Risiko, sagte ten Hove (SPD) im Stadtentwicklungsausschuss. Der Investor könnte noch abspringen. „Dann müssen wir wieder von vorne anfangen“, antwortete Erich Bolinius, Vorsitzender der FDP-Fraktion. Schlechte Aussichten.

Die höheren Energiekosten sind auch bei den Landwirten voll eingeschlagen. Michael Hillebrand unterhielt sich darüber mit je einem Ackerbauern, Hühner-, Schweine- und Rinderhalter. Peter Habbena aus Schoonorth ist Funktionär und Milchbauer. Seine Stromkosten, so hat er vorgerechnet, steigen von 800 auf bis zu 2700 Euro im Monat, die Gaskosten von 439 auf 1700 Euro (zum Glück hat Habbena einen günstigeren Anbieter gefunden), und Dünger und Kraftfutter kosten um bis zu 80 Prozent mehr. Immerhin ist der Milchpreis auch gestiegen, von 34 Cent pro Liter auf derzeit 58 (was wiederum die Verbraucher bezahlen müssen). Ähnlich ergeht es auch den anderen Landwirten. Die Preissteigerungen bei den Lebensmittelpreisen sind also noch lange nicht beendet.

Was bei Lebensmittel nicht möglich ist, könnte bei Konsumgütern eine Lösung sein: Gebrauchtkauf. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch das Klima. Allein in Aurich gibt es rund ein halbes Dutzend Gebrauchtwarenläden mit verschiedenen Schwerpunkten von Bekleidung über Haushaltswaren bis zu Elektronik. Jens Schönig hat einen Rundgang gemacht. Er erklärt, wie die Läden funktionieren und welche Produkte am besten „Second Hand“ funktionieren.

Ärgern Sie sich auch darüber, dass es an vielen Orten in Ostfriesland Lücken im Mobilfunknetz gibt, an denen Datenempfang unmöglich ist und Telefonate unterbrochen werden? Schwer erträglich im Jahr 2022, finde ich. Müllfahrzeuge sind ideal zum Aufspüren der Funklöcher, weil sie regelmäßig an jedem Ort unterwegs sind. Der Landkreis Leer hat, wie berichtet, vor Monaten beschlossen, die Mülllaster mit Sensoren auszustatten. Bei einem Pressetermin wurde erläutert, wie die Funklöchersuche funktioniert. Geertje Wehry war bei der Pressekonferenz dabei.

Und nochmal Lieferengpässe: Im Spätsommer dieses Jahres sollte er starten, der sogenannte Wasserbus nach Juist. Die neue Schnellfähre soll Platz für bis zu 54 Passagiere mit Gepäck bieten und die Überfahrt zur Insel – tideunabhängig – auf unter eine Stunde verkürzen, so die Reederei Cassen-Tours in ihrer Mitteilung vom Januar. Doch wann die Jungfernfahrt stattfinden wird, ist noch nicht klar. Das Boot wird in Singapur gebaut und soll bis Ende des Jahres in Norddeich sein. Es hat deutliche Vorteile auch für die Juist-Besucher. Welche, das lesen Sie hier.

Was heute wichtig wird:

  • Hausboote als Feriendomizile im Hafen von Weener - diese Idee der Verwaltung löste einen Shitstorm aus. Jetzt hat die Politik über Standorte und Zahl der Wohnschiffe beraten. Tatjana Gettkowski war dabei.
  • Anwohner einer Fläche am Sauteler Kanal in Boekzetelerfehn stemmen sich weiter gegen die Planung eines Wohnmobilplatzes. Sie haben vor dem Rathaus protestiert. Karin Lüppen hat sich die Argumente angehört.
  • Wie kann ich im eigenen Dorf alt werden und muss den Kindern nicht zur Last fallen? Ein Konzept dafür haben sich die Christians ausgedacht. Sie nennen es Senioren-WG. Nicole Böning sieht es sich an.
  • Pornografie ist durch das Internet auch für jene leicht verfügbar, für die sie nicht gedacht ist: Jugendliche. Was macht das mit ihnen und ihrem Umfeld, fragt Jens Schönig unter anderem Schulen und Sexualberater.
  • Früher wurde der Grund, auf dem die Apfelbäume im Emder Ökowerk stehen, entwässert. Jetzt ist es andersherum: Es wird bewässert. Alles Klimawandel? Mona Hanssen geht der Sache auf den Grund.
  • Domino’s Pizza soll Ende Oktober eine Filiale in Emden eröffnen. Passiert ist bislang nichts. Hannah Weiden hat nach den Gründen gefragt und wirft einen Blick auf Entwicklungen in der Fußgängerzone.
Ähnliche Artikel