Kommentar zu inkorrekten Rechnungen Wie viele gutgläubige Kunden werden von der EWE abkassiert?

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Ein Kommentar von Andreas Ellinger
| 27.09.2023 15:31 Uhr | 3 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Was machen EWE-Kunden wie die 88-jährige Marianne Winter-Limbach aus Leer, wenn sie keinen Sohn haben, der hilft, gegen unberechtigte Geldforderungen der EWE vorzugehen? Foto: Ortgies
Was machen EWE-Kunden wie die 88-jährige Marianne Winter-Limbach aus Leer, wenn sie keinen Sohn haben, der hilft, gegen unberechtigte Geldforderungen der EWE vorzugehen? Foto: Ortgies
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Immer wieder sind Senioren in Ostfriesland – manche älter als 80 Jahre – von haltlosen Geldforderungen der EWE betroffen. So kann mit gutgläubigen Kunden Kasse gemacht werden. Ein Kommentar.

Die Fehlerkultur der EWE besteht vor allem darin, dass sie viele Fehler macht. Das dokumentieren nicht nur Zeitungsberichte über Kundenbeschwerden.

Beim Internet-Bewertungs-Portal „Trustpilot“ hat die EWE 2289 Bewertungen (Stand: 27.09.2023, 13.03 Uhr) – und nur 1,2 von fünf möglichen Sternen. Zum Vergleich: Die E.ON Energie Deutschland GmbH hat 15.165 Bewertungen und 3,8 Sterne, die Vattenfall Europe Sales GmbH 10.580 Bewertungen und 4,4 Sterne. Die EnBW schneidet hingegen ähnlich schlecht ab wie die EWE: Sie hat nur 1,2 Sterne, allerdings auf Grundlage von lediglich 508 Bewertungen.

EWE-Fehler auf Kosten alter Menschen

Die Beschwerden über die EWE, die in unserer Redaktion eingehen, betreffen immer wieder auch alte Menschen. Beispielhaft seien der damals 88-jährige Helmut Friedrich aus Emden und die 88-jährige Marianne Winter-Limbach aus Leer erwähnt. Beschwerden gehen logischerweise aber nur bezüglich derjenigen Senioren ein, die noch rüstig genug sind, um sich gegen EWE-Rechnungen und -Mahnungen zu wehren – oder die Kinder haben, die das für sie tun.

Wie hartnäckig die EWE Geldforderungen stellt, die sie erst auf Presseanfrage hin zurückzieht, offenbart das Beispiel von Marianne Winter-Limbach besonders eindrücklich. Erst versuchte ihr Sohn Sebastian Winter wochenlang vergeblich, die EWE-Fehler mit der EWE zu klären. Dann lenkte die EWE auf Anfrage unserer Zeitung ein – doch einen knappen Monat später folgte die nächste EWE-Rechnung. Sie soll nun, nach einer weiteren Presseanfrage, storniert werden.

EWE hat aus Sicht mancher Kunden den Status einer Behörde

Vom Sohn eines ebenfalls über 80 Jahre alten Mannes hat unsere Redaktion erfahren, dass die EWE für seinen Vater den Status einer Behörde habe. Und folglich zahle er, wenn die EWE eine Rechnung schicke – weil er darauf vertraue, dass eine Geldforderung der EWE ihre Richtigkeit habe. Tatsächlich ist die EWE AG mehrheitlich in öffentlicher Hand. In Ostfriesland sind die Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie die Stadt Leer Anteilseigner des Konzerns.

Bei lebensnaher Betrachtung ist also anzunehmen, dass es gutgläubige Kunden gibt, die unberechtigte EWE-Rechnungen einfach bezahlen. Solche Fälle können nicht publik werden, da sich solche Kunden nicht bei der EWE beschweren und sich schon gar nicht hilfesuchend an unsere Redaktion wenden. In welchem Umfang die EWE auf diese Weise Kasse macht, darüber kann folglich nur spekuliert werden. Es ist zu befürchten, dass vor allem ältere Menschen die Geschädigten sind.

Vertrauen in die EWE ist nicht mehr gerechtfertigt

Das Vertrauen in die EWE, dass sie Rechnungen und Mahnungen berechtigterweise stellt, ist längst nicht mehr gerechtfertigt. Dafür sorgt die EWE seit rund zwei Jahren mit einer eindrucksvoll virtuosen Fehlerkultur. Wenn ein Unternehmen über einen derart langen Zeitraum nicht konsequent Fehlerquellen abstellt, dann handelt es sich um keine Pannen-Serie mehr, sondern mindestens um unseriöses Geschäftsgebaren. Es stellt sich mehr noch die Frage, ob Kalkül dahintersteckt – um auf Kosten gutgläubiger Kunden, auf Kosten alter Menschen Kasse zu machen?

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Das Vorgehen der EWE geht allerdings nicht nur auf Kosten jener, die grundsätzlich jede Rechnung bezahlen. Es geht auch auf Kosten derer, die es mit viel Zeitaufwand schaffen, dass die EWE ihre Fehler irgendwann einräumt und idealerweise auch korrigiert. Denn Zeit ist bekanntlich Geld.