Grundschulen und Kitas Faktencheck Teil 2 zum Krummhörner Bürgerbegehren

| | 30.09.2023 11:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
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Egal, für welche Variante man sich in der Krummhörn entscheidet: Die Schulwege für Krummhörner Schulkinder werden sich ändern. Symbolfoto: DPA
Egal, für welche Variante man sich in der Krummhörn entscheidet: Die Schulwege für Krummhörner Schulkinder werden sich ändern. Symbolfoto: DPA
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Wie sehen die Schulbezirke der Krummhörn aus, wenn der Ratsbeschluss durchgesetzt wird? Welche Fahrtwege müssen Schüler auf sich nehmen, wenn das Bürgerbegehren Erfolg hat? Wir klären diese und weitere Fragen.

Krummhörn - Nachdem diese Zeitung in einem ersten Faktencheck zum Bürgerbegehren in der Krummhörn unter anderem festgestellt hat, dass die Kommunikation zum grundlegenden Problem nicht sehr gelungen war, geht es nun in diesem Teil weiter.

Jetzt geht es um Einzugsgebiete, Auslastungen und Kosten.

Behauptung: Man weiß gar nicht, wie viele Kosten tatsächlich entstehen – Stimmt

Unklarheit besteht weiterhin bei den Kosten. Regelmäßig wird zum Beispiel von den Initiatorinnen des Bürgerbegehrens gesagt, dass beim Ratsbeschluss beispielsweise neue Parkplätze für die dann stärker frequentierten Schulen nicht einkalkuliert worden seien. Daher an dieser Stelle ein Blick auf die Kosten und was diese beinhalten.

Das kostet die CDU/SWK-Variante

Die CDU/SWK-Variante, die den Erhalt von allen Grundschulen außer Jennelt sowie aller Kitas vorsieht, zieht laut Gemeinde Krummhörn „direkte Kosten“ von rund 14,1 Millionen Euro nach sich. Darin enthalten sind, laut Auflistung in der Bedarfsanalyse:

  • 5,9 Millionen Euro: Sanierung und Ausbau der Grundschule Pewsum für drei Züge
  • 4,8 Millionen Euro: Umbau der Grundschule Jennelt für zwei Kitagruppen
  • 730.000 Euro: Sanierung der Kita Jennelt (2-gruppige Kita)
  • 435.000 Euro: Sanierung der Kita Loquard Gulfhof (2-gruppige Kita)
  • 475-000 Euro: Sanierung der Kita Loquard Viktor Freese Str. (1-gruppige Kita)
  • 360.000 Euro: Sanierung der Kita Manslagt (1-gruppige Kita)
  • 275.000 Euro: Sanierung der Kita Groothusen (1-gruppige Kita)
  • 790.000 Euro: Sanierung der Kita Pilsum (1-gruppige Kita bei Umrüstung und Erweiterung)
  • 315.000 Euro: Sanierung der Kita Greetsiel (1-gruppige Kita)
  • 530.000 Euro: Sanierung der Kita Eilsum (1-gruppige Kita)
  • 190.000 Euro: Sanierung der Kita Uttum (1-gruppige Kita)

Die Gemeinde hat beim Bürgerbegehren zudem einen neuen Faktor auferlegt, der in der von CDU und SWK vorgeschlagenen Variante fehlte: Neubau einer Kita in der südlichen Krummhörn. Hier kommen weitere Kosten von rund 7,05 Millionen Euro hinzu.

Die im Bürgerbegehren geforderte Variante kommt insgesamt also auf ein Investitionsvolumen von rund 21,18 Millionen Euro.

Die reinen Kosten des Bürgerbegehrens werden mit 20.000 bis 25.000 Euro beziffert. Hier sind zunächst vor allem Personalkosten für die Auswertung und Überprüfung zu rechnen. Einen Großteil dieser Kosten würde allerdings die Durchführung eines Bürgerentscheides mit sich bringen. Ob es zu diesem kommt, ist offen.

Das kostet die Biregio-Variante

Dem gegenüber steht der Ratsbeschluss, der durch das Bürgerbegehren gekippt werden soll. Der Rat der Gemeinde Krummhörn hatte sich mit knapper Variante für die sogenannte Biregio-Variante ausgesprochen. Hier kommt man auf Kosten von insgesamt rund 17,2 Millionen Euro. Der Ratsbeschluss sieht die Schließung und Umwidmung der Grundschulen Loquard und Greetsiel sowie die Schließung mehrerer Kitas vor.

In den kalkulierten Kosten des Ratsbeschlusses enthalten sind:

  • 2,5 Millionen Euro: Umbau der Grundschule Greetsiel zu einer 4-gruppigen Kita (zwei Krippengruppen für Unter-Dreijährige sowie zwei Kindergartengruppen)
  • 4,1 Millionen Euro: Ausbau der Grundschule Jennelt für zwei Züge
  • 5,9 Millionen Euro: Sanierung und Ausbau der Grundschule Pewsum für drei Züge
  • 2,6 Millionen Euro: Umbau der Grundschule Loquard zu einer 5-gruppigen KiTa (zwei Krippengruppen und drei Kindergartengruppen)
  • 530.000 Euro: Sanierung der Kita Eilsum (1-gruppige Kita)
  • 730.000 Euro: Sanierung der Kita Jennelt (2-gruppige Kita)
  • 790.000 Euro: Sanierung der Kita Pilsum (1-gruppige Kita bei Umrüstung und Erweiterung

Bei beiden Varianten umfassen die Kostenschätzungen nur die Umbau- beziehungsweise Neubaukosten für die Gebäude. Weitere Kosten, neben möglichen Baukosten für Parkplätze oder Veränderungen von Straßenführungen auch Planungskosten oder eventuell nötiger Grunderwerb für die neue Kita-Süd, sind weder bei der Biregio-Variante noch bei der CDU/SWK-Variante eingeplant.

Wie viel Geld die Gemeinde im Endeffekt tatsächlich in den kommenden zehn Jahren investieren muss, kann für keine Variante mit absoluter Bestimmtheit gesagt werden. Es existieren bislang auch für keine Variante Detailplanungen. Offen ist auch, was bei einer Durchsetzung des Ratsbeschlusses mit den dann geschlossenen Kitas in Groothusen, Manslagt, Uttum und der kleineren Kita in Loquard passiert. Sollten die Gebäude und Grundstücke beispielsweise verkauft werden, könnten hier wieder zusätzliche Gelder generiert werden.

Behauptung: Die Einzugsgebiete der Grundschulen ändern sich und teilweise müssen Schüler sehr weit fahren oder gefahren werden – Stimmt

Diskutiert wird auch immer wieder über die neuen Einzugsgebiete für die Grundschulen und Kitas. Diese Zeitung hat sich exemplarisch mit den Grundschulen beschäftigt.

Bisher sehen die Einzugsgebiete laut Unterlagen von Biregio so aus:

  • Grundschule Pewsum: Pewsum, Groothusen, Hamswehrum, Upleward, Woquard, Canum, Woltzeten und Freepsum
  • Grundschule Jennelt: Jennelt, Eilsum, Grimersum, Visquard und Uttum
  • Grundschule Loquard: Loquard, Campen, Rysum
  • Grundschule Greetsiel: Greetsiel, Pilsum, Manslagt

So ändern sich die Fahrtwege bei der CDU/SWK-Variante

Die neuen Einzugsgebiete bei der Drei-Grundschul-Regelung, die das Bürgerbegehren fordert, würden laut Gemeinde so aussehen:

  • Einzugsgebiet Grundschule Greetsiel: Greetsiel, Eilsum, Grimersum, Manslagt, Pilsum
  • Einzugsgebiet Grundschule Loquard: Loquard, Hamswehrum, Upleward, Campen, Rysum
  • Einzugsgebiet Grundschule Pewsum: Pewsum, Uttum, Jennelt, Visquard, Groothusen, Woquard, Canum, Woltzeten, Freepsum

In Fahrtwegen würde sich diese Variante so niederschlagen, grob gerechnet:

  • Kinder aus Uttum: sechs statt drei Kilometer (nach Pewsum statt Jennelt)
  • Kinder aus Jennelt: fünf Kilometer nach Pewsum statt direkt im Ort
  • Kinder aus Visquard: fünf statt zwei Kilometer (nach Pewsum statt Jennelt)
  • Kinder aus Eilsum: vier statt zwei Kilometer (nach Greetsiel statt Jennelt)
  • Kinder aus Grimersum: sieben statt drei bis vier Kilometer (nach Greetsiel statt Jennelt)
  • Kinder aus Upleward: statt ungefähr fünf nur noch vier Kilometer (nach Loquard statt Pewsum)

Für die Hamswehrumer bleibt der Fahrtweg ungefähr gleich.

So ändern sich die Fahrtwege beim Ratsbeschluss

Bei der Zwei-Grundschul-Regelung, die der Rat beschlossen hat, kommt es zu größeren Veränderungen. Die neuen Schulbezirke würden laut bisheriger Planung der Gemeinde so aussehen:

  • Einzugsgebiet Süd – Grundschule Pewsum: Pewsum, Freepsum, Canum, Woltzeten, Woquard, Groothusen, Hamswehrum, Upleward, Campen, Loquard und Rysum
  • Einzugsgebiet Nord – Grundschule Jennelt: Jennelt, Manslagt, Pilsum, Greetsiel, Grimersum, Eilsum, Visquard und Uttum

Der bisherige Schulbezirk der Grundschule Loquard wird komplett der Grundschule Pewsum zugeschlagen, der Bezirk Greetsiel komplett der Grundschule Jennelt.

In Fahrtwegen würde sich diese Variante so niederschlagen, grob gerechnet:

  • Kinder aus Greetsiel: sieben Kilometer nach Jennelt statt direkt im Ort
  • Kinder aus Pilsum: sieben statt viereinhalb Kilometer
  • Kinder aus Manslagt: sechs statt eineinhalb Kilometer
  • Kinder aus Loquard: neun Kilometer nach Pewsum statt direkt im Ort
  • Kinder aus Campen: acht statt zwei Kilometer
  • Kinder aus Rysum: zehn statt zwei Kilometer

Demnach nehmen die Fahrtwege bei der beschlossenen Variante deutlich stärker zu als bei der Variante, die das Bürgerbegehren fordert. Welche Variante in welchem Umfang zu mehr „Elterntaxis“ führt, wie sich die Verkehre dadurch entwickeln oder ob ÖPNV-Lösungen gefunden werden können, kann zu diesem Zeitpunkt nicht gesagt werden.

  • Behauptung: Loquard und Greetsiel bleiben weiterhin einzügige Grundschulen – Stimmt

Die Bürgerinitiative zum Erhalt der Grundschule Jennelt weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass die Grundschulen in Loquard und Greetsiel trotz neuer Schulbezirke auch künftig einzügig bleiben werden. Die Gemeinde bestätigt das auf Nachfrage: „In der CDU/SWK-Variante bleiben die Schulen Greetsiel und Loquard nach aktueller Einschätzung einzügig.“

Nicht nur die Bürgerinitiative aus Jennelt, sondern auch die Gutachterfirma Biregio, die die Bedarfsanalyse erstellt hat, sieht kleine, einzügige Grundschulen kritisch. „Es wird sich schnell herausstellen, dass 2- und 3-zügige Grundschulen für die Organisation des Ganztagsbetriebes immense Vorteile bieten, wenn dann der Rechtsanspruch zur ganztägigen Betreuung von Kindern im Grundschulalter ab dem Schuljahr 2026/2027 besteht“, so Jutta Lerche-Schaudinn, Gründerin der Bürgerinitiative und ehemalige Schulleiterin der Grundschule Jennelt. Ähnliche Bedenken äußerte auch Biregio in der Vergangenheit.

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