Tödliche Havarie in der Nordsee Taucher suchen in gesunkenem Wrack nach Überlebenden

| | 24.10.2023 15:18 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Noch am frühen Morgen hatte man vom Kreuzfahrtschiff „Iona“ nach den Verunglückten gesucht. Foto: P&O/PA Media/DPA
Noch am frühen Morgen hatte man vom Kreuzfahrtschiff „Iona“ nach den Verunglückten gesucht. Foto: P&O/PA Media/DPA
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Am Dienstagmorgen sind zwischen Langeoog und Helgoland zwei Schiffe kollidiert. Eine Taucher-Einheit sucht am Meeresgrund nach Lebenszeichen – und nach möglicherweise austretendem Schiffsdiesel.

Langeoog/Helgoland - Nach dem Zusammensturz der Frachtschiffe „Polesie“ und „Verity“ zwischen Helgoland und Langeoog schickt das Havariekommando an diesem Dienstagnachmittag eine Taucher-Einheit auf den Grund der Nordsee, um nach den verbleibenden vier vermissten Personen zu suchen. Bei einer Pressekonferenz in Cuxhaven sagte Dr. Robby Renner, der Leiter des Havariekommandos, dass der Tauchgang für etwa 15 Uhr geplant sei, um das Stauwasser – also die Zeit zwischen Ebben und Flut – zu nutzen. „Wir lassen nichts unversucht, um Leben zu retten“, sagte er.

Die Auswertungen eines Seismographen habe ergeben, dass die nach dem Unglück zwischen 5 und 5.20 Uhr gesunkene „Verity“ nicht auseinander gebrochen sei, sondern in leichter Schräglage in ungefähr 30 Metern Tiefe auf dem Meeresboden liege. „Es besteht eine Chance, und ich wiederhole: eine Chance, dass die Vermissten im Schiffskörper eingeschlossen sind“, sagte Renner. Deshalb sei die oberste Priorität der Tauchmannschaft, am Meeresboden nach Lebenszeichen der Vermissten zu suchen. Bisher ist ein Seemann tot geborgen worden, zwei weitere konnten lebend aus dem Wasser gerettet werden. Die 22-köpfige Mannschaft der „Polesie“ blieb ersten Erkenntnissen zufolge unverletzt – und beteiligte sich an der Suche.

Zwölf Grad Wassertemperatur

Die Wassertemperatur in der Nordsee betrag am Dienstagmorgen zwölf Grad Celsius. Michael Ippich aus der Geschäftsführung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) sagte bei der Pressekonferenz, dass aus Erfahrungswerten hervorgehe, dass Menschen bei diesen Temperaturen im Wasser durchaus bis zu 20 Stunden überleben könnten. Die Chancen hingen von der körperlichen Situation der Verunglückten und vom Umstand ab, ob sie vor dem Eintauchen noch die Chance gehabt hätten, Rettungswesten und/oder Kälteschutzanzüge anzulegen. Ob das im Fall „Verity“ geschehen ist, ist unklar: Die lebend Geretteten konnten sich Ippich zufolge bisher nicht äußern. Sie werden medizinisch behandelt.

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Renner und Ippich zufolge musste das Suchgebiet angesichts der sich veränderten Wetterverhältnissen und Strömungen bereits dreimal geändert werden. Das Areal werde engmaschig und parallel unter anderem von Seenotrettungskreuzern abgefahren und aus der Luft von mehreren Rettungshubschraubern und einem Flugzeug abgesucht. „Wir werden das restliche Tageslicht nutzen und alle Maßnahmen, die wir auch bei Dunkelheit durchführen können, auch nachts durchführen“, so Renner. Ippich zufolge verbesserten sich die Wetterverhältnisse aktuell. Am Morgen hatte es am Unglücksort noch bei Windstärke 6 rund drei Meter hohe Wellen gegeben.

Ort des Unglücks

Nach dem Retten von Menschenleben die zweite Priorität hat laut Renner der Schutz der Umwelt. Zwar hatte die „Verity“ lediglich Rollen mit Stahlblechen geladen, doch potenziell gefährlich sei der Schiffsdiesel im Tank des Frachters. „Es waren gute 1300 Kubikmeter Schiffsdiesel an Bord“, so der Leiter des Havariekommandos. Ob es zu Austritten gekommen sei, sei noch unklar. Vor Ort befinde sich ein Mehrzweckschiff, das in der Lage sei, Gefahrstoffe aus dem Wasser aufzunehmen.

Die Ursache des Unglücks ist weiterhin unklar. Renner sagte, dass die Ermittlung dieser auch weder die Priorität noch die Aufgabe des Havariekommandos oder der DGzRS sei. Darum werde sich nach dem Rettungseinsatz die entsprechende Abteilung der Wasserschutzpolizei kümmern. Auch die Bergung des Wracks auf dem Meeresgrunds habe keine Priorität – sondern das Retten von Menschenleben.