Weihnachtsaktion 2023 Blinde Überfliegerin Lia Hardy hat einen großen Traum

| | 06.12.2023 06:01 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Lia Hardy singt und spielt in einem Gitarrenchor. Dafür übt sie auch kniffeligste Griffe ein – das bereitet ihr sogar besonderen Spaß. Foto: Ortgies
Lia Hardy singt und spielt in einem Gitarrenchor. Dafür übt sie auch kniffeligste Griffe ein – das bereitet ihr sogar besonderen Spaß. Foto: Ortgies
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Die 14-jährige Lia Hardy schwimmt, läuft, singt und spielt Gitarre – und das trotz ihrer Blindheit. Ihre Sehbehinderung nimmt sie eher als zusätzlichen Ansporn, sich ihren großen Traum zu erfüllen.

Ostfriesland - Einzig grobe Lichtunterschiede kann Lia Hardy erkennen – also hell und dunkel – ansonsten sieht sie nichts. Das hält die 14-jährige Wiesmoorerin aber nicht davon ab, ihren Hobbies nachzugehen. Und das tut sie – mit Verlaub – intensiver als so manch anderer Mensch. Lia Hardy singt, schwimmt und spielt in einem Gitarrenchor – geritten ist sie auch mal – und wenn sie das gerade nicht tut, dann läuft sie halt sämtliche Etappen des Ossiloops mit.

Wo dieser Ansporn und Ehrgeiz herrührt, welche Steine ihr teils in den Weg gelegt werden und was ihre weiteren Ziele sind, das hat sie der OZ und dem GA anlässlich der diesjährigen Weihnachtsaktion verraten. Mit der Aktion werden Spenden zugunsten des Blindenverbandes Niedersachsen (kurz: BVN) gesammelt. Genauer gesagt: Für die Region Ostfriesland.

Auch blind kann man richtig umtriebig sein

„Alles versuchen, nie aufgeben und sich nie unterbuttern lassen!“, das rät Lia Hardy anderen blinden Menschen, die weiter aktiv im Leben sein wollen. Diese gewisse Widerborstigkeit ist leider von Nöten, sagt sie. „Es gibt total viele hilfsbereite Menschen, die Lust haben einem im Leben unter die Arme zu greifen“, aber leider gebe es auf der anderen Seite auch viele Menschen, die sich kaum um die Belange blinder Menschen scheren, sagt Hardy.

OZ+GA-Weihnachtsaktion 2023

Spendenzeitraum: Ab dem 22.11.2023 bis Anfang 2024

Spendenkonto: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH

IBAN: DE28 2859 0075 0011 1112 01

Ostfriesische Volksbank eG

Stichwort: OZ+GA-Weihnachtsaktion 2023

Die Spendernamen werden veröffentlicht. Wer dies nicht möchte, vermerke das bitte.

Die Verwaltungskosten werden von der Zeitungsgruppe Ostfriesland getragen.

Bei Beträgen ab 199 Euro kann per E-Mail an info@einherzfuerostfriesland.de eine Spendenquittung beantragt werden.

Als sie anfing, für den Ossiloop zu trainieren, ist sie zunächst neben dem Fahrrad ihrer Mutter Marlis Hardy hergelaufen. Mit jeweils einem Ende eines Spanngurtes in der Hand gingen die beiden auf die Laufstrecke. „Einmal wäre ich beinahe ins Ottermeer gefallen. Gut, dass ich schwimmen kann“, sagt Lia Hardy. Bald hätte sich dann aber eine Laufgemeinschaft gefunden, die sogenannte Guides an Lias Seite stellten. Menschen, die sehen können und voranlaufen. Dabei hält sich Lia am Arm des Guides fest. Dadurch war es für sie kein Problem, regulär für die Ossiloop-Etappen zu trainieren und diesen dann auch im vergangenen Mai erfolgreich zu absolvieren – das Dörlooper-Shirt trägt sie heute stolz. „Es bedarf gar nicht so viel: Wille und ein wenig Aufmerksamkeit“, weiß Mutter Marlis Hardy.

Lia Hardy wird von Guides beim Laufen begleitet. Foto: Ortgies
Lia Hardy wird von Guides beim Laufen begleitet. Foto: Ortgies

Sie verehrt ein Mitglied der Beatles

Dass sie das Reiten wieder an den Nagel gehängt hat, ist ein Stück weit eine gegenteilige Situation. „Beim Reiten muss ich meine Umwelt kontrollieren – was ich ja sowieso immer muss – aber zusätzlich dann auch noch ein anderes, unberechnbares Lebewesen, das Pferd“, sagt Lia Hardy. Da könne ihr ab einem bestimmten Punkt niemand helfen, gleichzeitig habe sie selbst aber nicht die volle Kontrolle, so wie sie es gerne in anderen Situationen in ihrem Leben hat, das sei zum Problem geworden.

Dass sie dieses Hobby aufgehört hat, habe aber noch mehr Motivation für andere Beschäftigungen zu Tage gefördert. „Ich liebe George Harrison von den Beatles.“ Er sei ihr großes Vorbild, sagt Lia Hardy. Er inspiriert sie dazu, in den Gitarrenchor zu gehen und schwere Barré-Griffe einzuüben, an denen sich auch so mancher Mensch mit vollem Sehvermögen die Zähne ausbeißt. Eines Tages will sie mal Singer-Songwriterin werden. Das ist ihr großer Traum. Sie hat auch schon an einem Songcontest teilgenommen und aus über 600 Einsendungen den vierten Platz belegt – wenn sie etwas macht, dann so richtig.

Die Schule bereitet manchmal Kummer

In ihrer Klasse an der Kooperativen Gesamtschule Wiesmoor ist sie eine wahre Überfliegerin mit mehreren Einsern auf dem Schulzeugnis. Aber wie geht das überhaupt als blinde Person? „Es gibt Lehrerinnen und Lehrer, die total sensibel und zuvorkommend sind und wiederum andere, die überhaupt keine besondere Rücksicht darauf nehmen, das ist leider so“, sagt Lia Hardy.

Sie komme insgesamt gut klar und die Probleme, die sich so auftun, seien eher lästiger und unnötiger Natur. Damit meint sie, dass es sich fast ausschließlich um Dinge handele, die man eigentlich sehr schnell und leicht mit etwas Hingabe beseitigen könnte, sagt die Wiesmoorerin.

Hilfsmittel schwer oder teuer zu bekommen

Einige Lehrer schickten etwa PDF-Dateien, obwohl Lia und ihre Helferin, die sie täglich in der Schule begleitet, ausdrücklich darauf hinweisen, dass dieses Format nicht automatisch vorgelesen werden kann und somit für den Unterricht praktisch unbrauchbar ist. „Dann bin ich für die Doppelstunde echt komplett raus. Ich habe einfach nicht die Möglichkeit, dann überhaupt mitzumachen“, sagt sie.

Lia Hardy ist im Frühjahr alle Etappen des Ossiloops gelaufen. Foto: Ortgies
Lia Hardy ist im Frühjahr alle Etappen des Ossiloops gelaufen. Foto: Ortgies

Ein weiteres Ärgernis sei, wenn die Technik streikt oder schlicht nicht vorhanden sei. Das macht einiges schnell unmöglich. Lia besitzt eine sogenannte Braille-Zeile, ein Gerät, das im Grunde Schrift in Blindenschrift übersetzt. Sie benutzt das Hilfsmittel tagtäglich und dennoch ist es schwierig, bei der Krankenkasse ein neues Gerät bewilligt zu bekommen.

„Wir versuchen es nun schon eine ziemlich lange Zeit und sie hat diese Braille-Zeile jetzt schon einige Jahre“, sagt Mutter Marlis Hardy. Eigentlich gebe es nun schon längst wesentlich modernere Geräte, die etwa mit dem Smartphone koppelbar sind und so vielfältigste neue Möglichkeiten bieten – aber noch nicht für Lia Hardy.

Spenden könnten Menschen wie Lia helfen

Eines haben alle Lebenserfahrungen Lia Hardys gemein: Durch Bewusstsein und ein gewisses Maß an Engagement von Dritten könnte alles sehr viel einfacher sein.

Eine Einschätzung, der sich der BVN in Ostfriesland anschließt. Sozialarbeiterin Andrea Sweers sagt: „Es reicht schon, etwas mehr Rücksicht zu nehmen. Und eine gewisse Anteilnahme an die Lebensrealität anderer zu haben. Damit kann man das Leben blinder Menschen so viel besser machen.“

Das sei auch vielfältig möglich, etwa indem man einfach zuhört oder aber an den BVN spendet. „Wir können Probegeräte anschaffen oder Menschen Hilfsmittel leihen, um Wartephasen zu überbrücken“, sagt Sweers. Das sei aktuell finanziell nicht möglich.

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Lia Hardy: Blinde Überfliegerin hat einen großen Traum | Audio-Version des Artikels von OZ und GA
05.12.2023
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