Was Sie heute wissen müssen Gasrechnung statt Strandurlaub | Rasierschaum gegen Feuerquallen | Flucht aus Lebensgefahr

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 19.08.2022 06:26 Uhr | 1 Kommentar | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Wenn es nicht so kompliziert wäre, hätte ich ja genau nachgerechnet. Aber überschlagsweise habe ich’s mal kalkuliert, und ich bin mir sicher, Papa Scholz hat nicht Recht: Die gestern verkündete vorübergehende Senkung der Märchensteuer auf Gas von 19 auf 7 Prozent wird meine Mehrkosten durch die neue Umlage nicht ausgleichen, nicht mal annähernd. Außerdem weiß ich nicht, ob mein Versorger die Mehrwertsteuer-Senkung auch an mich weitergeben wird. Das Thema bleibt unerfreulich. Und die Unsicherheit nervt.

Damit bin ich offenbar nicht allein. Unsere Wittmunder Korrespondentin Imke Oltmanns wundert sich schon seit ein paar Wochen über freie Parkplätze an den Stränden entlang der Nordseeküste. Höchstens halbvoll und das mitten in der Hochsaison. Die von ihr befragten Touristiker bestätigen diesen Eindruck. Marcus Harazim, stellvertretender Kurdirektor in Carolinensiel: „Wir waren im Juli nicht so ausgebucht wie üblich.“ Knapp zehn Prozent weniger Übernachtungen gebe es im Vergleich zu 2019, der letzten Vor-Corona-Saison. Und der Grund? „Die Leute wollen ihr Geld jetzt zusammenhalten, sie sind sparsamer geworden“, glaubt Harazim. Ausgleichen könnte diesen Rückgang das erste Halbjahr. Da gab es deutlich mehr Buchungen als 2019.

Ganz und gar nicht angenehm war es kürzlich am Strand auf Langeoog. Tausende und abertausende Feuerquallen waren dort angeschwemmt worden. „Man kann sich so etwas kaum vorstellen: Der ganze Strand war quasi mit Quallen gepflastert“, berichtet Rettungsschwimmer Olaf Gedrowitz von der DLRG. „Es waren solche Massen, dass sie mit dem Radlader abtransportiert werden mussten.“ 80 Badegäste mussten medizinisch versorgt werden, eine Frau wegen eines anaphylaktischen Schocks sogar mit dem Hubschrauber in die Klinik gebracht werden. Gegen die brennenden Nesseln helfen übrigens Rasierschaum und eine EC-Karte. Wie das funktioniert, beschreibt Tatjana Gettkowski.

Am Inselstrand waren die Quallen die Plagen, sonst ist das für die Natur eher der Mensch. Menschen, die barfuß durchs Watt wandern und sich verletzen, solche, die nicht aufpassen und einen Sonnenstich bekommen. Solche, die Drohnen steigen und Hunde laufen lassen, all das und noch viel mehr hat Onno K. Gent schon erlebt. Er ist Naturparkranger und passt auf, dass die Menschen dort nicht so viele Schäden anrichten. Michael Hillebrand hat mit ihm gesprochen und sich auch viele lustige Geschichten erzählen lassen, zum Beispiel die eines Gasts, der in der Schule beim Thema Ebbe und Flut offenbar nicht aufgepasst hatte: „Ich war schon drei Mal hier und nie war die Nordsee da. Das ist Betrug“, beschwerte er sich bei Gent.

Vergangene Woche berichtete Daniel Noglik von einer Studie, wonach sich im Umfeld von Offshore-Windanlagen erhöhte Konzentrationen von Metallen nachweisen lassen. Nun hat er noch mal nachgefragt, und offensichtlich lassen sich die Studienergebnisse nicht so ohne Weiteres auf alle Windparks übertragen. Moderne Anlagen nutzen nämlich aktive Methoden des Korrosionsschutzes, bei denen keine Metalle freigesetzt werden. Schaut man sich die Daten der Studie genauer an, sieht man, dass sich nördlich der Ostfriesischen Inseln tatsächlich nur geringe Metall-Konzentrationen finden. Anders hingegen nordwestlich der Insel Helgoland. Dort befindet sich unter anderem der Windpark „Nordsee Ost“, und der setzt auf die alte Anoden-Technik. Wenn Sie einen kleinen Physikkurs bekommen wollen, lesen Sie Daniels Text (Ich frage mich nur, woher er das alles weiß).

Ein halbes Jahr ist der Ukraine-Krieg nun fast alt, und weiterhin sterben jeden Tag ungezählte, unschuldige Zivilisten durch russischen Raketenbeschuss. Wenn Oksana Chepelieva über ihre Heimat spricht, muss sie oft schlucken und um Fassung ringen. Die 41-Jährige wohnte bis vor etwas mehr als fünf Monaten in Lyssytschansk, einer Großstadt im Norden der Oblast Luhansk in der Ukraine. Die Stadt wurde bei Gefechten zwischen russischen und ukrainischen Truppen nahezu völlig zerstört. Zwei Wochen lang widerstand die dreifache Mutter Chepelieva im Keller sitzend dem russischen Artilleriefeuer. Dann verließ die Familie die Stadt und kam nach mehreren Stationen in Groothusen in der Gemeinde Krummhörn unter. Aus einem geordneten bürgerlichen Leben in die Ungewissheit. Claus Hock hat sich mit der 41-Jährigen unterhalten. „Wir sind nicht wegen des Geldes hierhergekommen“, möchte Oksana Chepelieva unbedingt loswerden. „Wir sind vor dem Krieg geflohen, vor einer echten Bedrohung.“ Schlimm, dass eine solche Rechtfertigung nötig zu sein scheint.

Die Chepelievas sind in einer Wohnung untergekommen. Für viele der ukrainischen Flüchtlinge, die jetzt folgen, gibt es keine freien Wohnungen mehr. Deshalb entschied die Stadt Emden nun, die Nordseehalle als Flüchtlingsunterkunft auszustatten. Das hat Folgen. Ab Ende September finden dort überhaupt keine Veranstaltungen mehr statt. „Wir bauen eine komplett neue Infrastruktur in der Nordseehalle auf“, sagt Stadtrat Volker Grendel. So will die Stadt alle Dienstleistungen der Verwaltung und des Jobcenters sowie Beratungsangebote für Geflüchtete, die bisher in der Barenburgschule und an der VHS angeboten wurden, in der Nordseehalle bündeln. Heiko Müller und Claus Hock berichten.

„Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“, heißt es im 5. Buch Mose. Gehen wir mal davon aus, dass die 41-jährige Wiesmoorerin, die sich vor dem Auricher Schöffengericht verantworten musste, noch nie davon gehört hat. Tatsächlich nutzte sie das Vertrauen ihrer Mutter, die ihr eine Vorsorgevollmacht ausgestellt hatte, schamlos aus und betrog sie um mehr als 50.000 Euro. Das Gericht sah das offenbar ähnlich und bestrafte die skrupellose Tochter hart. Bettina Keller berichtet über den Prozess.

Jetzt möchte ich noch Danke sagen für Ihre Treue, liebe Leserinnen, liebe Leser. Ich verabschiede mich jetzt erst mal in den Urlaub und übergebe an Carmen Leonhard und Timo Sager. Um Paulchen Panther zu zitieren: „Heute ist nicht alle Tage; ich komm‘ wieder, keine Frage.“

Was heute wichtig wird:

  • n Sorge um fehlendes Gas und einen kalten Winter wollen viele einen Holz befeuerten Kamin. Die sind aber mittlerweile schwer zu bekommen. Tatjana Gettkowski berichtet.
  • In Uplengen kann ein neuer Windpark gebaut werden. Die Genehmigung liegt jetzt vor. Was sagen der Investor, die Gegner und die Gemeinde dazu? Tobias Rümmele fragt nach.
  • Ein 35-jähriger Auricher soll auf seinem Computer 50 Dateien mit kinderpornografischen Inhalten gehabt und sie verbreitet haben. Jetzt steht er vor Gericht. Bettina Keller berichtet.
  • Botox für alle? Auch auf dem Land sieht man immer mehr Frauen mit aufgespritzten Lippen. Wo ist die Grenze der Aufblasbarkeit? Gabriele Boschbach spricht mit Fachleuten.
  • Zu Windparks gehören Konverterstationen. Sie sorgen dafür, dass der Strom am Land ankommt. Eine Anlage ist auf dem Weg hierher, von Spanien. Aber warum aus Spanien? Imke Oltmanns berichtet.
  • Noch drei größere Kultur-Events, dann war es das in der Emder Nordseehalle. Sie wird zur Sammelunterkunft für Geflüchtete umgebaut. Die Emder Redaktion hört sich um, wie das in Emden ankommt.
  • Der Krummhörner Schützenverein bietet seit einigen Monaten auch das Blasrohrschießen an. Was genau dahinter steckt und welche anderen Disziplinen es noch gibt, hat sich Dorothee Hoppe angeschaut.
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